Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 03

zm 108, Nr. 3, 1.2.2018, (167) Rund 15 Prozent aller seltenen Erkrankungen können sich im Zahn-, Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereich manifestieren. Die Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in Münster bietet in enger Kooperation mit den medizinischen und zahnmedizinischen Fachdisziplinen des Universitätsklinikums sowie dem Institut für Humangenetik eine Spezialsprechstunde für Menschen mit sel- tenen Erkrankungen an. Auch der Zahnarzt in der Praxis kann bei seltenen Erkrankungen eine Rolle spielen – vor allem wenn bei der Erstdiagnostik Auf- fälligkeiten ins Auge fallen. Der Verein ROMSE e.V., ein Zusammenschluss aus zahnärztlichen Wissenschaftlern, betreibt die Datenbank „ROMSE“, über die sich Ärzte, Patienten und Angehörige über Ver- änderungen im Zahn-, Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereich informieren können. Weitere Infos zur Spezialsprechstunde über nebenstehenden QR-Code. Zu ROMSE unter: http://romse.org Seltene Erkrankungen im ZMK-Bereich Fall 5: Pemphigus vulgaris topischen antiseptischen Substanzen und gegebenenfalls topischen Kortikosteroiden empfohlen. Nur bei lokal begrenzter Manifestation und bei milder Intensität kann in Einzelfällen eine Monotherapie mit topischen Kortikosteroiden oder alternativ mit topischen Calcineurininhibitoren erwo- gen werden [S2k-Leitlinie]. Schlussfolgerung: Vor der Entwicklung der Kortikosteroide führte die Diagnose „Pemphigus vulgaris“ meist zum Tod [Cirillo N. et al.]. Auch heute noch können Verzögerungen bei der Diagnostik des Pemphigus vulgaris schwerwiegende Komplikationen wie Larynxstenosen und Ösophagusstenosen hervorrufen. Die Mund- höhle als möglicher Ort der Erstmanifestation lässt dem Zahnarzt eine bedeutende Rolle bei der Erstdiagnostik zukommen. Der Zahnarzt sollte daher mit dem klinischen Erscheinungsbild des Pemphigus vulgaris vertraut sein und der Pemphigus vulgaris als mögliche Differenzialdiagnose bei Blasen- bildung oder Erosionen der Mundschleim- haut in Erwägung gezogen werden. Literatur: 1. S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie des Pemphigus vulgaris/foliaceus und des bullösen Pemphigoids: http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/ 013071l_S2k_Pemphigus_vulgaris_und_ bulloeser_Pempghigoid_2014–12.pdf 2. Cirillo N, Cozzani E, Carrozzo M, Grando SA. Urban legends: pemphigus vulgaris. Oral Dis. 2012 Jul; 18(5):442–58. Abbildung: Klinisches Bild mit Blasenbildung auf dem Alveolarfortsatz in regio 46 Foto: Hanisch Fallbeschreibung: Ein 67-jähriger Mann wird mit Schmerzen und Brennen der Mundschleimhaut vorstel- lig. Durch den Hauszahnarzt wurden bereits die topische Anwendung einer Chlorhexi- din-haltigen Mundspüllösung sowie die An- wendung eines Lidocain-haltigen Gels ver- ordnet, wobei dies keine Linderung der Be- schwerden brachte. Der Patient beschreibt, dass ihm die Nahrungsaufnahme mittler- weile sehr schwer falle. Intraoral zeigt sich eine gerötete Mundschleimhaut mit einzel- nen Erosionen sowie einer Blase auf dem Al- veolarfortsatz in regio 46. Aufgrund des Verdachts einer blasenbilden- den Autoimmundermatose folgt die Ent- nahme zweier Schleimhautbiopsien, dabei wird zusätzlich eine direkte Immunfluores- zenz angeordnet. Der histopathologische Befund beschreibt eine intraepidermale Blasenbildung, die direkte Immunfluores- zenz bringt den Nachweis von IgG und C3 im Interzellularraum. Diagnose: Blasenbildende Mundschleimhauterkrankung: Pemphigus vulgaris Therapie: Zur weiteren Therapie wurde der Patient in die Dermatologie überwiesen. Zur Be- handlung des Pemphigus vulgaris wird eine systemische immunsuppressive/immun- modulierende Therapie in Kombination mit Foto: ukm Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in Münster 47

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