Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 05

zm 108, Nr. 5, 1.3.2018, (361) Sie haben recht Antwort von Prof. Dominik Groß zum Leserbrief von Dr. Ingo Steinbach Lieber Herr Kollege, das Wesentliche vorweg: Sie ha- ben natürlich recht, eine Univer- sität verleiht den Doktorgrad, nicht einen Doktortitel. Insofern scheint es geboten, konsequent von einem akademischen Grad oder alternativ von einer Doktor- würde zu sprechen. Dennoch hat auch der Begriff „Doktortitel“ eine gewisse Be- rechtigung. Warum? Nun, weil der Doktorgrad vielfach als Titel verwendet wird. Wenn der Pa- tient seinen Zahnarzt mit „Herr Doktor“ anspricht, dann tituliert er ihn als einen solchen. Dazu passt auch, dass der Doktorgrad, wie es im Behördendeutsch heißt, „anredefähig“ ist. Damit ist nicht nur gemeint, dass Doctores bisweilen als solche angesprochen werden, sondern auch, dass sie den Zusatz „Dok- tor“ in den Personalausweis ein- tragen lassen können; dann wird dieser faktisch (nicht de jure) zu einer Art Namensbestandteil bzw. – im erwähnten Fall der Anrede mit „Herr Doktor“ – zur „Titelei“. Es gibt noch ein zweites Argu- ment zu meiner „Entlastung“: der alltägliche Sprachgebrauch. Viele unserer Begriffe sind formal unpräzise oder falsch und haben es dennoch in die Alltagssprache geschafft: Aktuell diskutieren wir z. B. in der Wissenschaft über „Selbstplagiate“. Streng genom- men ist der Terminus unsinnig, denn man kann sich nicht selbst geistig berauben – dennoch ist der Begriff etabliert, jeder Wis- senschaftler weiß, was gemeint ist, und eben deshalb hat er sich gehalten. Oder wir reden über die Olympiade in Pyeongchang und meinen damit die Olympischen Spiele; dabei ist die Olympiade streng genommen der Gegen- begriff zu den Spielen – er be- zeichnet nämlich genau den Zeitraum zwischen zwei Olym- pischen Spielen. Unsere Alltags- sprache sorgt also häufig dafür, dass sich auch unpräzise Begriffe etablieren und insofern „ge- adelt“ werden. Genau das ist mit dem „Doktortitel“ passiert: Ich habe am 24.1.2018 die Begriffe „Doktorgrad“ und „Dok- tortitel“ in die bekannteste Internet-Suchmaschine einge- geben – in beiden Fällen wurden annähernd gleich viele Treffer ausgewiesen (640.000 versus 507.000). Da wundert es nicht, dass es der Begriff „Doktortitel“ auch in den Duden geschafft hat – das ist dann eben die „Kraft des Faktischen“. Und dennoch muss ich am Ende des Tages feststellen: Sie haben recht – und ich einen offensicht- lich sehr aufmerksamen Leser. Dafür herzlichen Dank! Univ.-Prof. Dr. mult. Dominik Groß, Bonn Die zm-Redaktion ist frei in der Annahme von Leserbriefen und behält sich sinnwahrende Kürzungen vor. Außerdem behal- ten wir uns vor, Leserbriefe auch in der digitalen Ausgabe der zm und bei www.zm-online.de zu veröffentlichen. Bitte geben Sie immer Ihren vollen Namen und Ihre Adresse an und senden Sie Ihren Leserbrief an: leserbriefe@zm-online.de oder Zahnärztliche Mitteilungen Redaktion Behrenstraße 42 10117 Berlin.

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