Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 06

zm 108, Nr. 6, 16.3.2018, (555) Problem hat beziehungsweise nicht als Problem gesehen wird, dann gibt es auch keinen Druck, für unsere Spezifika etwas zu verändern. Noch einmal zurück zur Situation unter den Hochschullehrern. Der Ent- wurf zur neuen Approbationsordnung hat die Gewichtung der einzelnen Lehrteile deutlich verändert. Insofern gab es in Teilen heftige Kritik, gerade aus der Prothetik. Inwieweit sind sich die Hochschullehrer doch wieder einig geworden oder gibt es noch größere Meinungsverschiedenheiten bezüglich des Entwurfs der ZApprO? An der Stelle merkt man, dass der Approba- tionsordnungsentwurf 15 Jahre alt ist und noch sehr stark aus der Überlegung (von da- mals) stammt, dass man mit verbesserter Prävention weniger zahnärztlichen Therapie- bedarf hat. Dies bezog sich auf den prothe- tischen, aber eben auch auf den paro- dontologischen Therapiebedarf. Ich denke aber, dass eine vernünftig funktionierende Fakultät sehr wohl in der Lage ist, dies im fairen Umgang sinnhaft auszutarieren. Das löst sich auch schlicht und einfach dahin- gehend, dass für Krankheitsbilder, die selte- ner werden, auch weniger Patienten für die Versorgung respektive Therapie gewonnen werden können. Insofern muss man sich auch die Frage stellen, ob das Ausmaß der Regulierung und der Vorgaben im Rahmen der Prüfung, die ja in der Novelle letztlich drinstehen, an allen Stellen immer sinnvoll sind – bis zu dem aus meiner Sicht auch juristisch nicht ganz einfachen Punkt, dass Kinder für Prüfungen eingeteilt werden, wo eine Zustimmung beider Elternteile von- nöten ist. Wir reden hier davon, dass letzt- lich nicht selbst entscheidungsberechtigte Patienten plötzlich Bestandteil einer Prüfung werden. Da habe ich persönlich ein ungutes Gefühl. So sinnvoll ich den Aspekt auch einschätze, dass Kinderbehandlung durch Studierende an der Stelle auch Bestandteil der klinischen Lehre sein muss. Das sind natürlich zwei vollständig losgelöste Aspekte. Aber hier ist die Approbations- ordnung teilweise auch eigentümlich, weil das Ausmaß der Regulierung in einzelnen ? Abschnitten sehr unterschiedlich ist. Gerade im Bereich der Prüfung und hier bei den Aspekten, die dezidiert geprüft werden müssen, könnte das durchaus dazu führen, dass die Vorgabe gar nicht umsetzbar ist. Daraus resultieren letztlich irgendwelche Prüfungen am Phantom, um diese Leistung pro forma zu erfüllen. Und das macht natür- lich wenig Sinn. Gab es bei den politischen Gesprächen, die sie führen konnten und die ja auch Ihre Kollegen geführt haben, Frage- stellungen, die die Politik besonders häufig an Sie herangetragen hat? Die steigenden Ausbildungskosten für angehende Zahnmediziner waren bei den Zuständigen in den Bundes- ländern wie auch in der universitären Öffentlichkeit ein Thema. Seitens der Politik ist ganz klar akzeptiert, befürwortet und auch als Stärke der Zahn- medizin gesehen, dass im Rahmen des Zahnmedizinstudiums am Patienten aus- gebildet wird. Dass die Betreuungsrelation dafür verbessert werden muss, ist politisch akzeptiert, zumindest ganz eindeutig auf der Ebene der Kultusministerien. µ Wenn man anfängt, einzelne Bausteine zu verändern, wird man das Gesamtkonstrukt nicht verbessern. Dementsprechend spielt auf dieser Ebene der Versorgungsaspekt eine deutlich kleinere Rolle. Was politisch gut vermittelbar war, ist der Aspekt der Demografie und die daraus folgende Tatsache, dass die Approbations- ordnung eben den Aspekt des älter werden- den Patienten mehr berücksichtigen muss. Das betrifft neben dem Zahnersatz auch die parodontologische Versorgung und geht bis hin zur Betreuung gehandicapter bis pflege- bedürftiger Patienten. Wir dürfen aber nicht außer Acht lassen, dass es an dieser Stelle „nur“ darum geht, die entsprechenden theoretischen Kenntnisse zu vermitteln und die ersten Erfahrungen in diesem Bereich möglich zu machen. Es kann ja kein Politiker, kein Mensch im politischen Business erwarten, dass man in einem fünf- jährigen Studium dezidierte Detailerfahrungen ? in der Behandlung sehr betagter Patienten sammeln kann. Aber dass diese Thematiken bearbeitet werden, ist wichtig. Insofern ist der Präventionsbegriff, der – noch – in der vorliegenden Novelle greift im Vergleich zu dem, was wir heute darunter verstehen, schon lange nicht mehr deckungsgleich. Sie haben mehrfach betont, dass der Entwurf der ZApprO bereits 15 Jahre alt ist. Da liegt es durchaus nahe, dass Forderungen aufkommen, das Paket wieder aufzuschnüren und zu ergänzen. Es ist eine bewusste politische Entscheidung der VHZMK, im Wissen um die Schwächen des vorliegenden Entwurfs zu sagen, dass es über alles Sinn macht, dieses Thema jetzt anzugehen. Wenn man anfängt, einzelne Bausteine zu verändern, wird man damit das Gesamtkonstrukt nicht verbessern. Auch das hat die Diskussion im Kreis der VHZMK gezeigt, nämlich, dass die jung berufenen Hochschullehrer wenig Bezug zu dieser Approbationsordnung haben, weil sie aus deren Sicht gefühlt schon wieder aus der Vergangenheit stammt. Das ist fachlich und inhaltlich durchaus nachvollziehbar. Aber ich habe politisch auch lernen müssen, dass man mit den gegebenen politischen Situationen gestaltend umgehen muss. Die Frage lautet nämlich: Was können wir tatsächlich umsetzen? Dann müssen wir versuchen, das Beste daraus zu machen. Deshalb ist die geplante Novellierung der Approbationsordnung eben ein Schritt in die richtige Richtung. Erst dann kommt die Frage, was man im Rahmen einer poten- ziellen Agenda Medizin 2020 tun kann. Aber jetzt erst einen Teil aufzuschnüren, dass macht keinen Sinn. Es ist ein gefundener Kompromiss und zu dem Kompromiss stehen an der Stelle auch die Hochschullehrer der VHZMK, und des- wegen werde ich da auch nicht anfangen, einzelne Bausteine herauszuziehen Prof. Ralph Luthardt ist Ärztlicher Direktor der Klinik für Zahnärztliche Prothetik des Zen- trums für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde des Universitätsklinikums Ulm und Präsident der Vereinigung der Hochschullehrer für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (VHZMK). ? 51

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