Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 06

zm 108, Nr. 6, 16.3.2018, (588) In der Vergangenheit halfen histologische Untersuchungen an Zahnhartgewebeschliffen, die Anfertigung von transparenten Zahn- präparaten mit injizierter Tusche [Vertucci, 1984; Reuver, 2018iD] und vergrößerte Re- konstruktionen aus Wachs, die Vielfalt und Variabilität des Wurzelkanalsystems darzu- stellen und Ursachen für Misserfolge endo- dontischer Therapien zu ermitteln [Carabelli, 1844; Black, 1902]. Noch heute findet die Anwendung der Transparenzmethode große Aufmerksamkeit, da sie die anatomische Variabilität von Wurzelkanalsystemen drei- dimensional abbilden kann (Abbildung 1). Alle klassischen destruktiven Verfahren zur Darstellung der Anatomie können aber aus verfahrenstechnischen Gründen erst in vitro Anwendung finden, so dass umfassende Erkenntnisse über die tatsächliche Anatomie des Wurzelkanalsystems erst nach der Ex- traktion verfügbar werden [Baumann, 1995]. Die ermittelten Daten geben Hinweise auf Häufigkeitsverteilungen zum Vorkommen von Wurzelkanalsystemen und deren Mög- lichkeiten auf Verzweigungen [Hess, 1917; Vertucci, 1984; Sert & Bayirli, 2004]. Aus- gehend von den Daten an extrahierten Zähnen erfolgt am Patienten die Suche nach Wurzelkanälen zumeist heute noch nach dem Wahrscheinlichkeitsprinzip. Einer In-vitro-Studie von Vertucci [1984] zu- folge waren bei 100 untersuchten Oberkiefer- Molaren in lediglich 55 Prozent der Fälle vier Wurzelkanäle nachweisbar. Demgegenüber fand Stropko [1999] unter klinischen Bedin- gungen und unter Verwendung eines Den- talmikroskops in über 90 Prozent der oberen ersten Molaren vier Wurzelkanäle. Hintergrund sind methodische Mängel in den Studien an extrahierten Zähnen. Obwohl schon lange bekannt ist, dass sich die Form des Wurzel- kanalsystems und die Anzahl der Wurzelkanäle im Laufe des Lebens verändern [Schroeder, 1997], findet dies in den meisten anato- mischen Studien keine Berücksichtigung. Da in die Studien häufig keine Daten zum Wurzelkanalsysteme (1) Die Anatomie von Oberkiefer-Molaren Michael Arnold, Frank Paqué Die Suche nach Wurzelkanälen ist in der Praxis oft schwierig und zeitaufwendig. Studien weisen bei mehr als 90 Prozent der oberen ersten Molaren teilweise vier und mehr Wurzelkanäle nach. Einblicke in die komplexe Anatomie des Wurzel- kanalsystems oberer Molaren. Abbildung 1: Darstellung eines Wurzelkanalsystems an Zahn 26 mit Transparenzmethode, modifiziert nach Reuver Foto: Holm Reuver 84 Zahnmedizin

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