Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 07

zm 108, Nr. 7, 1.4.2018, (646) DHs in Holland erhalten ab dem 1. Januar 2020 im Rahmen eines fünfjährigen Modellversuchs mehr Autonomie. Das hat der nieder- ländische Gesundheitsminister Bruno Bruins angekündigt. DHs, die über eine vierjährige Ausbildung verfügen und im nationalen Register für Gesundheitsberufe als zugelassene Dentalhygieniker oder Dentalhygienikerinnen eingetragen sind, dürfen dann selbst- ständig Leistungen erbringen, die bislang den Zahnärzten vorbe- halten waren. Es geht um: die Verabreichung von Lokalanästhesien, die Behandlung primärer Karies, die Anfertigung und Beurteilung von Röntgenaufnahmen in Form von Einzel- und Bissflügelaufnahmen auf eigene Entscheidung. Die KNMT: „Wir wollen das nicht!“ Der Gesundheitsminister begründet sein Vorhaben mit der demo- grafischen Entwicklung: Die Bevölkerung werde älter, behalte immer länger eigene Zähne und müsse zahnmedizinisch versorgt werden. Der Zahnarzt soll deshalb von einfacheren Behandlungen entlastet werden und sich auf komplexere Fälle konzentrieren können, schreibt Bruins in seinem Papier an das niederländische Parlament. Hinzu kommt, dass die DH-Ausbildung in den Niederlanden in den vergan- genen Jahren schrittweise von drei auf vier Jahre ausgeweitet wurde. DHs sind in Holland seit 2006 berechtigt, Lokalanästhesien zu verab- reichen und primäre Karies zu behandeln – allerdings nur auf Anwei- sung des Zahnarztes (ohne die Maßgabe, dass der Zahnarzt die Aufsicht führt). Aus Sicht der niederländischen Zahnärzte- organisation KNMT (Koninklijke Maatschappij tot bevordering der Tandheelkunde) sind die Pläne des Ministers völlig unverständlich. Sie befürchtet eine Gefahr für die Mund- gesundheit der Patienten und für die Quali- tät der zahnmedizinischen Versorgung ins- gesamt. „Wir wollen das nicht“, betont der Vizepräsident der KNMT, Dr. Henk Donker (siehe Interview S. 14): „Das Vorhaben der Regierung ist nicht effizient. Der DH bleibt aufgrund der Behandlung weniger Zeit für Prävention. Der Zahnarzt wird nicht ent- lastet, die Behandlungsabläufe in der Praxis werden lediglich verschoben und es besteht die Gefahr von Doppeluntersuchungen.“ Und von einer Kosten- ersparnis durch den Einsatz selbstständiger DHs könne keine Rede sein, denn die Gebühren für die Leistung einer DH und die Leistung eines Zahnarztes seien in den Niederlanden gleich. Die KNMT wird unterstützt vom Council of European Dentists (CED), der jetzt aktuell in die Debatte eingegriffen hat. Er verweist auf die alleinige Verantwortung des Zahnarztes für die Mundgesundheit des Patienten. Nur der Zahnarzt könne entscheiden, welche Leistungen ans Team delegiert werden können. Im europäischen Vergleich ist der DH-Beruf in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ausgeprägt. Dies betrifft sowohl die Ausbildung als auch den Umfang der Tätigkeiten, die diesem Beruf erlaubt sind sowie die Anzahl der jeweils in einem Land tätigen DH und deren mengenmäßiges Verhältnis zur Zahnärzteschaft. Zudem gibt es, ne- ben Deutschland, mit Belgien, Bulgarien, Frankreich, Griechenland, Kroatien, Luxemburg, Österreich und Zypern gleich acht weitere EU-Mitgliedstaaten, in denen die DH nicht als eigenständiger Beruf anerkannt sind. Die Bundeszahnärztekammer spricht beim Beispiel der DH in den Niederlanden von einer Dynamik, die Sogwirkung auf andere euro- päische Länder haben könne. „Das ist eine Trivialisierung der Zahn- medizin“, kommentierte der Vizepräsident der Bundeszahnärzte- kammer, Prof. Dr. Dietmar Oesterreich. „Patientensicherheit und Qualitätssicherung bleiben mit diesem Modell auf der Strecke.“ Oesterreich hebt die Besonderheiten in Deutschland heraus: „Die Mehr Autonomie für Dentalhygienikerinnen in den Niederlanden Die holländische DH darf jetzt selbstständig bohren Die Niederlande wollen Dentalhygienikerinnen (DHs) ab 2020 im Rahmen eines Modellversuchs eine größere Autonomie ihrer beruflichen Tätigkeit einräumen. Kritik kommt von der Zahnärzteschaft im Land, sie betrachtet die Pläne als ineffektiv. Die BZÄK befürchtet eine Dynamik, die Sogwirkung auf andere EU-Länder haben könnte. Foto: luckybusiness - Fotolia.com Wie der CED mit einem Brief an Gesundheitsminister Bruins die niederländische Zahnärzte- kammer unterstützt. 14 Politik

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