Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 07

zm 108, Nr. 7, 1.4.2018, (709) Mit Verdacht auf eine kondyläre Hyperplasie des rechten Unterkiefers wurde die Durch- führung einer Skelettszintigrafie (Abbildung 3a) sowie einer CT-Bildgebung (Abbildung 3b) des Kiefers angeordnet. Hierbei konnte eine fokale Knochenstoffwechselanreiche- rung im Bereich des rechten Kiefergelenk- köpfchens nachgewiesen werden. Die Korti- kalis des rechten Kondylus war im Vergleich zur Gegenseite deutlich stärker ausgebildet, Hinweise auf eine tumoröse Raumforderung fanden sich in der CT nicht. Therapie: Die Patientin wurde in der Folge stationär aufgenommen und es erfolgte auf- grund der aktiven kondylären Hyperplasie eine hohe Kondylektomie rechts über einen präauriculären Zugang in Allgemein- anästhesie (Abbildung 4). Postoperative Komplikationen ergaben sich keine. Die Patientin war subjektiv beschwerdefrei, der Neurostatus unauffällig und die Non- okklusion im rechten Eck-/Seitenzahnbe- reich deutlich gemindert. Eine Elongations- schutzschiene wurde in Absprache mit dem Kieferorthopäden angefertigt und einge- gliedert. Im Rahmen der pathohistologischen Begutachtung des Resektats konnte der Ver- dacht einer kondylären Hyperplasie bestätigt werden (Abbildung 5). Die Patientin wurde in unsere ambulante Nachsorge entlassen. Geplant wurde eine Knochenszintigrafie zwölf Monate nach der Operation. Bei der letztmaligen ambulanten Vorstellung zwei Jahre postoperativ zeigte sich ein stabiler Befund. Die Unterkiefer- beweglichkeit war uneingeschränkt, ein Kiefergelenksknacken rechts im terminalen Drittel der Mundöffnung hör- und spürbar. Beschwerden hatte die Patientin dadurch nicht. Die Okklusion war im Vergleich zum präoperativen Befund verbessert und stabil (Abbildung 6). In der Knochenszintigrafie konnte eine geringe Knochenstoffwechsel- steigerung in Projektion auf das rechte Kiefergelenk festgestellt werden, dieses war vereinbar mit einem vermehrten post- operativen knöchernen Umbau. Die Durchführung weiterer Verlaufskontrollen wurde vereinbart. Aktuell wurde eine kom- binierte kieferorthopädische und mund-, kiefer- und gesichtschirurgische Therapie mit Dysgnathie-Korrektur geplant und begonnen. Diskussion Die kondyläre Hyperplasie ist definiert als eine überschießende oder persistierende Aktivität der kondylären Wachstumszone über die nor- male Wachstumsphase hinaus mit konseku- tiv abnormer Größe und dreidimensionaler Konfiguration [Villanueva-Alcojol et al., 2011]. Hierbei kommt es zu einer autonomen Akti- vierung der Kambiumschicht des Processus condylaris, die als Wachstumszone fungiert. Diese Veränderung tritt in der Regel zwischen Abbildung 3a: Skelettszintigrafie mit fokaler Knochenstoffwechsel- anreicherung im Bereich des rechten Kondylus Abbildung 3b: 3-D-Rekonstruktion des CTs mit Darstellung der knöchernen Asymmetrie: verlängerter Processus condylaris / aufsteigender Unterkieferast rechts, Kinnabweichung nach links Abbildung 4: Intraoperativer Situs mit Darstellung des hyperämischen, proliferationsaktiven Processus condylaris 77

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