Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 07

zm 108, Nr. 7, 1.4.2018, (640) Antwort des stern-Autors Zum Leserbrief „Publikumspresse – Die unsinnigen Verunglimpfungen des stern“, zm 5/2017, S. 8 Der polemische Leserbrief eines anonymen Zahnarztes ähnelt vie- len Mails von Zahnärzten, die ich nach meiner stern-Titelgeschichte „Die teuren Tricks der Zahnärzte“ (Heft 7/2018) bekam. Der Autor verfälscht bewusst Inhalte mei- nes Artikels. Ich bin dankbar, dass Sie ihn publiziert haben, öffnen Sie doch damit die Tür für eine Debatte. Vorausschicken möchte ich, dass der Artikel nicht als Ge- neralangriff auf den Berufsstand der Zahnärzte interpretiert wer- den sollte. Viele schrieben mir, ich hätte willkürlich Einzelfälle herausgepickt, doch im Einstieg des Textes kommt Prof. Stefan Zimmer, Lehrstuhl für Zahnerhal- tung und Präventive Zahnmedizin an der Universität Witten/Her- decke, mit einem einordnenden Kommentar zu Wort: „Es gibt einen Wandel (in der Zahnärzte- schaft) hin zu minimal-invasiven Eingriffen. So können die eigenen Zähne heute länger erhalten werden.“ Der Artikel lässt also keinen Zweifel daran, dass viele Zahnärzte gute Arbeit leisten, zusätzlich wird dies im Editorial von stern-Chefredakteur Christian Krug betont. Erst nach diesem Einstieg wendet sich der Text den schwarzen Schafen Ihrer Zunft zu. Dass es wohl nicht wenige schwarze Schafe gibt, möchte ich hier darlegen. stern-Kritik – Es liegt doch in unserer Hand Zum Leserbrief „Publikumspresse – Die unsinnigen Verunglimpfungen des stern“, zm 5/2018, S. 8 Sehr geehrter „Der Redaktion bekannter Autor“, das war leider nicht hilfreich. Sie hatten sicher das Bedürfnis, Ihre Wut über den Artikel des stern einfach mal hinauszuschreien. Das hilft aber niemandem, schon gar nicht unserem Berufsstand. Die vom stern angeführten Vor- würfe gegen unseren Berufs- stand sind doch in ihrem Kern nicht so einfach vom Himmel gefallen. Warum setzen wir uns nicht ganz offensiv damit aus- einander? Was fällt daran so schwer, einfach sachlich über diese Vorwürfe zu sprechen? Warum sagen wir nicht laut und vernehmlich: Ja, es gibt auch bei uns schwarze Schafe. Ja, es gibt auch bei uns Approbierte (ich vermeide bewusst den Begriff Kollegen und Kolleginnen), die ihre Patienten nicht mit der Motivation des Helfens, aber mit der der Gewinnoptimierung be- trachten. Ja, das alles gibt es, aber das ist eben nicht alles und nicht der ganze Berufsstand und geschieht schon gar nicht mit unserem Einverständnis. Tun wir doch nicht so, als seien wir kollektiv auf dem Weg zur Heiligkeit. Sind wir nicht! Warum packen wir die Probleme in der real existierenden Zahnheilkunde nicht einfach an? An dieser Stelle standen im Ur- entwurf meines Leserbriefs meh- rere Beispiele für solche Probleme. Ich habe sie herausgenommen, weil ich weiß, dass die zm nicht nur von Zahnärzten gelesen wird, aber die Diskussion gehört zunächst in den Berufsstand. Ja, Sie haben Recht! Was der stern da treibt, halte auch ich für billigste Meinungsmache. Aber was Sie in Ihrem Brief treiben, halte ich für wütende Ignoranz. Ich denke, wir alle sollten jetzt anfangen, die Probleme und Miss- stände in unserem Berufsstand zu behandeln und so uns für die Zukunft weniger angreifbar zu machen, als wir es zurzeit sind. Wir haben auch als Berufsstand gegenüber den Patienten die Verpflichtung, unsere Vertrauens- würdigkeit zu wahren. Der sollten wir nachkommen. Und vieles, was die Politik so mit uns treibt, hätten wir nach meiner Meinung verhindern können, wenn wir an dieser Stelle unsere Haus- aufgaben gemacht hätten. Wenn wir sie jetzt nicht machen, dann wird sie wieder die Politik für uns machen, miserabel für uns und zumNachteil der Patienten – halt wie immer. Es liegt in unserer Hand. Ich würde mich freuen, wenn wir dies im kollegialen Kreis „auf die Kette kriegen“ würden. Ich bin gespannt! Mit freundlichen Grüßen ZA Karl-Josef Mathes, Cuxhagen stern-Kritik – Wir brauchen mehr Offenheit! Zum Leserbrief „Publikumspresse – die unsinnigen Verunglimpfungen des stern“, zm 5/2018, S. 8 Wenn zahnärztliche Berufsvertre- tungen und wissenschaftliche Fachgesellschaften beharrlich vermeiden, deutliche Worte zu dem real existierenden Problem der diagnostischen und thera- peutischen Überversorgung von Patienten zu finden, darf sich niemand wundern, dass sich die viel gescholtene „Publikumspresse“ dieses Themas annimmt. Die Zahnärzteschaft sollte froh sein, wenn es sich dann um seriöse Medizinjournalisten handelt, wie Tanja Wolf oder den in dem Leserbrief von „Dr. Anonymus“ zu Unrecht gescholtenen Dr. med. Bernhard Albrecht. Die Wissenschaft lebt vom aka- demischen Disput. Wo dieser unterdrückt wird, kommt Fort- schritt zum Stillstand. Fragen nach der Indikation diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen müssen offen diskutiert werden (dürfen). Den zm hätte es gut getan, die stern-Titelstory vom 08.02.2018 mit einem Themen- schwerpunkt aufzugreifen. Statt- dessen zog es die Redaktion vor, einen von Stil und Inhalt her indiskutablen Leserbrief zu ver- öffentlichen, dessen Verfasser sich scheut, mit offenem Visier aufzu- treten. Es war schon immer so: Wenn fachliche Argumente fehlen, treten Emotionen und irrationale Handlungen an deren Stelle. Zum Schaden der Patienten, zum Schaden unseres Berufsstands. Prof. Dr. Jens C. Türp, Basel Quelle: zm Archiv 8 Leserforum

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