Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 07

zm 108, Nr. 7, 1.4.2018, (713) Fotos können in solch einem Fall gar nicht angefertigt werden. Und auf jeden Fall sollte der Abschluss der Behandlung fotografisch festgehalten werden, da man nie weiß, ob der Patient in Regress geht.“ Auch bei prothetischen Mängeln, bei Arbeitsunfällen, bei Verletzungen durch Fremdeinwirkungen sowie bei Verdacht auf eine schwerwiegende Erkrankung, etwa einen Tumor, bei HIV sowie bei Materialunverträglichkeiten ist eine überaus gründliche Dokumentation anzuraten“, betont Zurstraßen, da diese Fälle oft ein Gerichtsverfahren nach sich ziehen würden. Je außergewöhnlicher, desto ausführlicher Richterin Gröner lenkt ein, dass nicht „jede Dokumentation mit Blick auf ein mögliches Gerichtsverfahren geführt werden muss“ – eine „ausführliche Dokumentation stärkt die Position des Behandlers in einem Prozess jedoch enorm“. Praxisberaterin Christine Baumeister-Henning propagiert daher die sechs „W“ der Doku- mentation: „Aus der Dokumentation muss hervorgehen, an welchem Patienten wer, wann, warum und womit welche Leistung erbracht hat!“ Grundsätzlich gilt für Bau- meister-Henning die Devise: „Je außer- gewöhnlicher der Fall, umso ausführlicher die Dokumentation.“ nb/sg Zum Hintergrund: Bei der Klägerin handelt es sich um eine in Essen niedergelassene Zahnärztin, die bei dem Ärztebewertungs- portal jameda mit einem sogenannten „Gold-Profil“ registriert ist. Anders als bei einem kostenlosen Basisprofil hat sie so die Möglichkeit über die Basisinformatio- nen hinaus Daten sowie Bilder einzutragen, die den Nutzer umfassend über ihre Arztpraxis informieren. Im Juni 2017 hatte eine anonyme Patientin eine Bewertung über die Zahnärztin bei jameda eingestellt. Auszugsweise lautete die Bewer- tung folgendermaßen: „Nicht ver- trauenswürdig! Die Kommunika- tion von Frau ... ist problematisch: Sie verzichtet auf die einfachen Komm. Grundregeln und eine Auf- klärung/Beratung. Die Prothetik Lösungen von Frau ... waren zum Teil falsch ... Ich habe die Zahnärztin als eine herrische, sehr emotional auf Kritik reagierende Persönlichkeit kennengelernt.“ Zudemwurden im Rahmen der Bewertung von der Patientin folgende Noten vergeben: „Behandlung 5,0“, „Aufklärung 5,0“, „Ver- trauensverhältnis 6,0“. Da die Zahnärztin diese Bewertung als rechtswidrig empfand, forderte sie jameda per Verfügungsantrag auf, die Veröffent- lichung der gesamten Bewertung zu unter- lassen – nachdem sich zuvor durch eine von ihr veranlasste Überprüfung der Anga- ben durch jameda herausgestellt hatte, dass die Bewertung wirklich von einer ihrer Patientinnen stammt. Das Landgericht Essen (Urteil vom 7.11.2017, Az.: 9 O 254/17) gab der Zahn- ärztin Anfang November teilweise recht und untersagte jameda, zu verbreiten, die Zahnärztin „verzichte auf eine Aufklärung/ Bewertung“ sowie „ihre Prothetiklösungen seien zum Teil falsch“. Im Übrigen wiesen die Richter den Unter- lassungsantrag aber zurück: jameda er- mögliche es registrierten Nutzern, auch ohne Nennung ihres Klarnamens, die Tätigkeit von Ärzten in Form von Texten und Notzen zu kommentieren und zu be- werten. Der zwischen den Parteien abge- schlossene Vertrag über die Nutzung der Internetplattform verpflichte jameda dabei nur dazu, die von Nutzern eingestellten Bewertungen auf Rechtsverletzungen zu überprüfen und diese – bei Vorliegen einer Rechtsverletzung – nicht (weiter) zu veröffentlichen. So handle es sich nur nur bei den gericht- lich untersagten Teilen der Bewertung um Tatsachenbehauptungen, die nach der hin- reichend glaubhaft gemachten Darstel- lung der Zahnärztin falsch sind und die ihr erhebliche ärztliche Verfehlungen zur Last legen. Letztere dürfe jameda bereits nach ihren eigenen Nutzungsbedingungen nicht veröffentlichen, unzutreffende Tat- sachenbehauptungen zudem auch deswe- gen nicht, weil sie die Zahnärztin in ihrem Persönlichkeitsrecht ver- letzten. Einen Anspruch auf Unterlassung der Verbreitung weiterer Teile der Bewertung habe die Zahnärztin aber nicht, weil es sich bei diesen Teilen um die subjektive Wahr- nehmung der Patientin handele. Gegen dieses Urteil des Land- gerichts Essen legte jameda Beru- fung ein. Im Verfahren vor dem Oberlandesgericht Hamm sahen die Richter es jedoch weiterhin als erwiesen an, dass die Zahnärztin die Pa- tientin tatsächlich aufgeklärt hatte. Dies er- gebe sich aus den Patientenunterlagen. Deshalb sei der Kommentar auf dem Por- tal, dass die Zahnärztin auf eine Aufklä- rung/Beratung verzichtet habe, falsch. Nach dem aktuellen Urteil ist es jameda da- her weiterhin verboten, eine solche falsche Tatsache zu veröffentlichen. Dass auch die Behauptung der Patientin, die Prothetik- lösungen der Zahnärztin seien teilweise falsch, nicht zutreffend sei, konnten die Rich- ter hingegen nicht feststellen. nb/ck/pm Oberlandesgericht Hamm Urteil vom 13.3.2018 Az.: 26 U 4/18 jameda darf keine falschen Tatsachenbehauptungen veröffentlichen! URTEIL OLG HAMM Foto: zm-mg 81

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