Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 07

zm 108, Nr. 7, 1.4.2018, (716) Bedingt durch die Alterspyramide kommen immer mehr ältere, unter Umständen auch polymorbide Patienten in die zahnärztliche Praxis (Abbildung 2). So wurden 2015 laut Arzneiverordnungsreport in Deutschland 156 Millionen defined daily doses (definierte Tagesdosen) Bisphosphonate und 37,9 Millionen defined daily doses Denosumab verschrieben. Das heißt, dass vermutlich in jeder Zahnarztpraxis mehrere Patienten einer entsprechenden antiresorptiven The- rapie unterzogen sind. Hauptindikationsgebiete für Bisphosphonate sind die Osteoporose und maligne Erkran- kungen, die häufiger zu skelettalen Kom- plikationen führen. Vornehmlich handelt es sich hierbei um Brustkrebs, das Prostata- karzinom und das multiple Myelom – alles Grunderkrankungen, die in der Regel im fortgeschrittenen Alter auftreten. Es gibt aber auch neue Entwicklungen: Für den Brustkrebs konnte beispielsweise ge- zeigt werden, dass es vorteilhaft ist, Bisphosphonate bereits mit der Diagnose zu verschreiben, ohne dass bereits manifeste ossäre Metastasen vorliegen. Das heißt, hier verfolgt man einen präventiven Weg, so dass es durchaus sein kann, das künftig deutlich mehr Patienten Bisphosphonate erhalten werden [Curigliano G et al., 2017]. Auf der anderen Seite zeigt eine neue Studie, dass bei Malignompatienten die Reduktion der Verabreichungsfrequenz von einem auf drei Monate zumindest im Untersuchungs- zeitraum von zwei Jahren nicht zu einer er- höhten Frequenz an skelettalen Komplika- tionen geführt hat [Himelstein AL et al., 2017]. Ähnliche Studien laufen auch zu Denosumab, wobei hier noch keine Daten vorliegen. Vor diesem Hintergrund könnten zukünftig mehr Patienten eine entsprechende Thera- pie erhalten, Nebenwirkungen durch die Veränderung der Verabreichungsfrequenz aber seltener auftreten. Die Gefahr des Übersehens Zunächst müssen Patienten mit einer anti- resorptiven Therapie in der Praxis erkannt werden. Dies gelingt in den meisten Fällen über die Anamnese, die in regelmäßigen Abständen aktualisiert werden muss. Verdächtige Röntgenaufnahmen: Durch die antiresorptive Therapie kommt es nach einer gewissen Latenzzeit – auch ohne dass Nekrosen vorliegen – zu typischen Verände- rungen in der Panoramaschichtaufnahme, so dass dem Zahnarzt hier eine Option zur Verfügung steht, entsprechende Patienten zu indentifizieren. Derartige Veränderungen sind beispielsweise Sklerosierungen der Spongiosa, so dass die Bälkchen deutlich besser zur Darstellung kommen. Bei weiterer Sklerosierung stellt sich über den Kontrast der Kanal des Nervus alveolaris inferior deutlich stärker heraus (Abbildung 3). Selbst die Abgrenzung der im Unterkiefer basal ge- legenen Kompakta gegenüber der darüber befindlichen Spongiosa kann in ausgeprägten Fällen schwer sein. Zusätzliche Veränderungen sind eine honigwabenartige Veränderung des Knochens, eine verdickte Lamina dura und gegebenenfalls auch eine erweiterte Parodontalspalte. Für den Praxisalltag So behandeln Sie Bisphosphonat-Patienten Christian Walter, Adrian Kasaj, Collin Jacobs Nur wenige Patienten, die Bisphosphonate einnehmen, informieren ihren Zahn- arzt über die Medikation. Und die Patientengruppe wird demografisch bedingt größer. Wie Sie solche Patienten erkennen und behandeln. Abbildung 1: Bisphosphonat assoziierte Osteonekrose des Oberkiefers auf Basis einer Prothesen- druckstelle bei einer Patientin mit multiplen Myelom Foto: Walter 84 Zahnmedizin

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=