Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

zm 108, Nr. 10, 16.5.2018, (1049) Auch kieferorthopädische Studien unter- liegen der Aufklärungspflicht und lassen sich zudem, wie bereits erwähnt, meist weder einfach noch doppelt verblinden. Die daraus resultierenden Einstellungs- und Verhaltens- anpassungen bei Patienten und Behandlern beeinflussen auch die Resultate in der Kiefer- orthopädie in klinisch signifikanter Weise. Ein sehr gutes Beispiel für diesen Zusammen- hang ist die RCT von Sandler et al. [Sandler et al., 2008] unter Beteiligung von 51 ran- domisierten Patienten, die zur stärkeren Verankerung einer festsitzenden Apparatur entweder einen kooperationsabhängigen Headgear trugen oder mit einem koopera- tionsunabhängigen Gaumenimplantat zur Verankerung versorgt wurden. Die präthe- rapeutischen PAR-Werte (Schweregrad der Fehlstellungen) waren in beiden Gruppen vergleichbar, die PAR-Rückgänge im Be- handlungsverlauf ebenfalls. Headgear und Implantat waren somit gleich wirksam. Auch bestand kein Gruppenunterschied bei der Behandlungsdauer, das heißt, beide Varianten waren auch gleich effizient. Aber ist dies tatsächlich die Wahrheit? Nun, es ist eine Wahrheit, allerdings nicht die klinische, sondern das Abbild einer von der Studie selbst beeinflussten Realität. Sandler et al. geben nämlich zu bedenken, dass „die Headgear-Patienten die Behandler mit der Geschwindigkeit und Effizienz der Methode überraschten […] die Kooperation übertraf das normal zu erwartende Maß […] ver- mutlich waren wir Zeuge des Hawthorne- Effekts!“ [Sandler et al., 2008]. Der Hawthorne-Effekt ist ein Phänomen, bei dem unter Beobachtung stehende Menschen im Wissen um diese Tatsache ihr Verhalten verbessern oder ändern [McCarney et al., 2007]. Wir müssen uns bewusst sein, dass kieferorthopädische RCTs extrem anfällig für Hawthorne-Effekte sind, da bei all diesen Behandlungen der Erfolg in einem gewissen Maß von der Kooperation des Patienten ab- hängt. Verändert das Bewusstsein um eine Studienteilnahme die Kooperation, lassen sich demnach alle kooperationsabhängigen Therapieformen durch ein RCT-Konzept nicht zuverlässig prüfen – jedenfalls nicht auf klinisch relevante Wahrheiten. Und dies erklärt vielleicht, wie Meikle 2005 festhielt, „warum RCTs in der Kieferorthopädie ihr beabsichtigtes Ziel verfehlt haben“ [Meikle, 2005]. Alternativen zu RCTs Wir müssen also akzeptieren, dass für viele kieferorthopädische Fragestellungen keine, oder wenigstens keine vernünftige, Möglich- keit zur Durchführung einer RCT besteht, weil dies mit zu großen Schwierigkeiten ver- bunden wäre [Cunningham et al., 2011]: hohe Kosten ethische Probleme Aufklärungspflicht, elterliche Einwilligung Probleme durch systematische Fehler Behandlungspräferenzen von Behandlern/ Patienten Rekrutieren ausreichend vieler Patienten (oft wird das Angebot teilnahmewilliger Pa- tienten überschätzt) Die genannten Argumente führen klarer- weise zur Frage, wie es nun weitergehen soll vor dem Hintergrund, dass „der verbreitete Glaube, nur RCTs könnten vertrauenswürdige Resultate liefern und Beobachtungsstudien wären irreführend, der Patientenversorgung wie auch der klinischen Forschung und der Ausbildung von Gesundheitsdienstleistern einen schlechten Dienst“ erweist [Concato et al., 2000]. Gibt es Alternativen? Wenn wir vor unserem geistigen Auge die Evidenzleiter hinuntersteigen, wären Kohortenstudien – also nichtrandomisierte prospektive Studien – die nächste Über- legung. Der einzige nennenswerte Unter- schied zu RCTs besteht jedoch in der nicht zufälligen Gruppenzuteilung, so dass im Hinblick auf kieferorthopädische Frage- stellungen die meisten bereits erörterten Nachteile von RCTs auch für Kohorten- studien gelten. Folglich müssen wir uns noch eine Stufe tiefer auf die Ebene der Fall- kontrollstudien und retrospektiven Studien begeben. Ich persönlich bin voll und ganz der Meinung von Johnston [Johnston, 2002], dass uns „in der Kieferorthopädie nur der Blick zurück nach vorne führt“. Diese Aussage zielt nicht auf eine Rückkehr zu früheren „Ich habe mich entschieden!“ Ihre neue Praxissoftware! LinuDent. Royal – genau auf Ihre Bedürfnisse angepasst. Durch die klare Benutzerführung, den strukturierten Aufbau und das einfache Handling erleichtert LinuDent. Royal die tägliche Praxisarbeit und sorgt für einen sicheren Arbeitsablauf. Alles aus einer Hand O Moderne Praxismanagementsysteme O Intuitive Abrechnungssoftware O Leistungsstarke Hardware O Digitales Röntgen O Kompetenter Service O Regionale Nähe: über 650 Mitarbeiter, 14 Geschäftsstellen O Praxisorientierte Fortbildung LinuDent. Royal Leistungserfassung mit Tableau www.linudent.de/royal Bildnachweis: iStockphoto.com

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