Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

zm 108, Nr. 10, 16.5.2018, (1081) Früherkennungsuntersuchungen für Kinder auf Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten“. Eine der vorgeschlagenen Maßnahmen war die Behandlung der U3-Jährigen mit Fluoridlack. Dabei sollte nicht das ganze Gebiss flächendeckend behandelt werden, sondern nur initiale Kariesläsionen. In der Folge beauftragte der G-BA das IQWiG mit der Bewertung der „isoliert applizierte[n] Fluoridlacke bei initialer Kariesläsion des Milchzahns“. Die eng gefasste Fragestellung führte dazu, dass das IQWiG in seinem Vorbericht vom Oktober 2016 nahezu die gesamte vorlie- gende Evidenz zur Wirksamkeit der Fluorid- lacke aus der Nutzenbewertung ausschloss. „In die Nutzenbewertung konnte keine Stu- die als relevant für die Fragestellung einge- schlossen werden. [...] Auch Studien, die den therapeutischen Effekt von Fluoridlacken auf initiale Kariesläsionen bei bleibenden Zähnen untersucht haben, wurden auf- grund der beauftragten Fragestellung nicht für die Auswertung berücksichtigt, obwohl der Wirkmechanismus für beide Dentitionen möglicherweise ähnlich ist.“ (1) Experten waren konsterniert. Niemand hatte ernsthaft damit gerechnet, dass die lang be- kannte und mit RCT-Studien gut belegte Wirkung von Fluoridlacken überhaupt infrage gestellt werden könnte. Genau das war aber eingetreten. Dem Vorbericht folgten sehr intensive Kon- flikte und Diskussionen zwischen den ver- schiedenen Akteuren aus Wissenschaft, Zahnmedizin und Gesundheitspolitik. Um die festgefahrene Situation aufzulösen, sah sich der G-BA im August 2017 schließlich veranlasst, einen neuen Bericht mit einer geänderten Fragestellung beim IQWiG in Auftrag zu geben. Nun ging es um „die Bewertung des Nutzens der Applikation von Fluoridlack im Milchgebiss im Vergleich zur üblichen Versorgung ohne spezifische Fluoridierungsmaßnahmen“. (2) Die Fragestellung war nun sehr breit gefasst und hob nicht nur auf die therapeutischen Effekte, sondern vor allem auch auf die präventive Wirkung von Fluoridlacken ab. Dieser zweite Bericht ist nun unter dem Titel „Fluoridlackapplikation im Milchgebiss zur Verhinderung von Karies“ am 26. April 2018 veröffentlicht worden. br (1) IQWiG-Vorbericht „Isoliert applizierte Fluoridlacke bei initialer Kariesläsion des Milchzahne“, Stand 13.10.2016, S. 27–28 (2) IQWiG-Berichte – Nr. 613, „Fluoridlack- applikation im Milchgebiss zur Verhinderung von Karies“ Nach dem positiven Statement des IQWiG dürfte nun die spannende Frage sein, in welcher Form die Fluoridlackapplikation im Milchgebiss künftig Bestandteil des Leistungskatalogs der GKV werden wird. Aufgrund der Erkenntnisse über die Kon- zentration der Karies auf die (im Wesent- lichen) bekannten Risikogruppen und der Erfahrungen mit Projekten der Intensiv- prophylaxe liegt es nahe, die Fluoridlack- applikation vor allem in diesen Zielgruppen anzubieten. Dazu passt, dass viele Studien, die die Wirksamkeit der Fluoridlacke be- legen konnten, mit einem hohen Anteil von Kariesrisikokindern durchgeführt wurden. Hier dürfte also ein erhebliches Potenzial zur Kariesreduktion liegen. Andererseits könnte bei einer Regelung, die Kinder außerhalb der Problemgruppen von den Vorsorgemaßnahmen ausschließt, die Frage nach der Gleichbehandlung auf- tauchen. Das wäre beispielsweise dann der Fall, wenn man die Vorsorge mit Fluoridlackapplikationen nur auf Schulen und Kitas in „Problemvierteln“ begrenzen würde. Trotz Kariespolarisation hat die Erkrankung weit mehr Risikofaktoren als die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe. Ob die GP in den Verhandlungen des G-BA eine Rolle spielen wird, darf be- zweifelt werden. Sowohl die niedrige Betreuungsquote als auch fehlende Struk- turen dürften dem entgegenstehen. Ein Kommentar von Benn Roolf Wie geht es weiter? K OMMENTAR ǩ 45 =@B57E= 5B Ǩ 9>ED5> ?<I5D85B ǩ ū =@B57E= ū #E@5B !E93; ?<I5D85B 26?B==1D5B91<

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