Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

zm 108, Nr. 10, 16.5.2018, (1111) Wartungsaufwand auskommt. Der kiefer- orthopädische Lückenschluss und die Milch- zahnerhaltung kommen zusätzlich sogar ohne operative Interventionen aus und ver- ursachen ebenfalls keine geplanten Folge- kosten. Das Problem der Infraokklusion Zahnimplantate heilen ankylotisch ein und geraten – wenn in der Wachstumsphase gesetzt – in Infraokklusion relativ zu natür- lichen Nachbarzähnen. Dies hat nicht nur ästhetische und funktionelle Folgen, durch Infraokklusion kann ein irreversibler Schaden an den Nachbarzähnen mit Knochenabbau und Attachmentverlust eintreten. Dasselbe Problem kann an persistierenden Milch- zähnen auftreten, die dann entfernt werden sollten. Untersuchungen zufolge kann die Infraokklusion bei Implantation im Kindes- alter bis zwölf Jahre im Schnitt 14mm bei Frauen und 17mm bei Männern sowie im Maximum bis 20mm betragen. Bei Implan- tation in der Adoleszenz nach dem puber- tären Wachstumsschub sind es im Schnitt noch 3mm und bis zu 7mm. Selbst bei jungen Erwachsenen ab dem 18. Lebensjahr sind noch im Mittelwert 1,7mm und im Maximum über 5mm Infraokklusion beob- achtet worden. Die scharfe Grenze des tra- dierten Gebots, nicht vor dem 18. Lebens- jahr zu implantieren, ist fragwürdig, denn das Wachstum der Alveolarfortsätze endet zu diesem Zeitpunkt nicht schlagartig. Eine differenziertere Betrachtung der Indikationen für Zahnimplantate in den drei Altersgruppen bis 12 Jahre, Adoleszenz 12 bis 18 Jahre und junge Erwachsene ab 18 Jahre ist unter an- derem Gegenstand der Leitlinie. Literaturdaten der Therapieoptionen Die Literaturrecherche für die S3-Leitlinie wurde durch ein Team an der Universität Kiel nach dem Muster einer PICO Frage (Po- pulation, Intervention, Control, Outcomes) geleistet: „Hat bei Patienten mit angebo- renem Fehlen von bleibenden Zähnen (P) die frühe kaufunktionelle Rehabilitation mit Zahnimplantaten (I) Vorteile gegenüber der dauerhaften Erhaltung von Milchzähnen, Zahntransplantaten, konventionellem Zahn- ersatz, kieferorthopädischem Lückenschluss, Therapieverzicht (C) in Bezug auf die all- gemeinen Ergebnisparameter Implantat/ Zahnüberleben und -erfolg und die speziel- len patientenzentrierten Ergebnisparameter Lebensqualität, Selbstbewusstsein, Zufrie- denheit und Kaufunktion (O) ?“ Die Literaturrecherche wurde in Form eines systematischen Reviews in einem Peer-Review- Journal vor Leitlinienerstellung publiziert. Beispielhaft ergaben sich in der Synthese aller Studienergebnisse folgende Überlebensraten für Therapiealternativen bei Zahnnicht- anlagen: Zahnimplantate 95,3 Prozent, Zahnautotransplantate 94,4 Prozent, Erhalt persistierender Milchzähne 89,6 Prozent, konventionelle Prothetik ohne Zahnimplan- tate 60,2 Prozent (Abbildung 1). Das Über- leben der Zahnimplantate war altersabhängig mit 72,4 Prozent bei Kindern, 93 Prozent bei Adoleszenten und 97,4 Prozent bei jungen Erwachsenen (Abbildung 2). Im direkten Ver- gleich zeigten Patienten mit syndromalen Oligodontien mit 89,6 Prozent ein etwas schlechteres Implantatüberleben als Patien- ten mit nicht syndromalen Oligodontien (97,2 Prozent). Die Daten zum Einzelzahn- ersatz von Klebebrücken konnten nicht ex- plizit aus Studien an Populationen mit Zahn- nichtanlagen entnommen werden, sie lagen im Schnitt für einflügelige Klebebrücken bei 94 Prozent und für mehrflügelige Klebe- brücken bei 81 Prozent. Die Ergebnispara- meter in den inkludierten Studien umfass- ten auch patientenzentrierte und patienten- Überleben der Versorgungsarten bei Zahnnichtanlagen Prozent 0 20 40 60 80 100 Implantate ZahnautoTX Erhaltung Milchzähne Konventionelle Prothetik Klebebrücken einflügelig Klebebrücken mehrflügelig Grafik 1: Überlebensraten der Versorgungsarten: Die Werte für Klebebrücken sind transparent dargestellt, weil sie im Gegensatz zu den anderen Daten nicht explizit bei Patienten mit Zahn- nichtanlagen erhoben wurden. Quelle: Hendrik Terheyden, Jan Tetsch Altersabhängiges Überleben von Zahnimplantaten bei Zahnnichtanlagen Prozent 0 20 40 60 80 100 Kinder (< 12 J.) Adoleszenten (12-18 J.) Junge Erwachsene (> 18 J.) Grafik 2: Altersabhängigkeit der Prognose von Zahnimplantaten Quelle: Hendrik Terheyden, Jan Tetsch 87

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