Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 13

zm 108, Nr. 13, 1.7.2018, (1550) Gingivavergrößerungen oder -wucherungen sind fibröse Vergrößerungen des Zahnfleischs in lokalisierter oder generalisierter Form. Histologisch liegt eine Zunahme der Fibro- blastenzahl mit gesteigerter Kollagensynthese vor. Ihnen können multiple ätiologische Faktoren zugrunde liegen. Dazu zählen entzündungsbedingte oder medikamentös induzierte Faktoren, Assoziationen mit sys- temischen Erkrankungen oder Zuständen und Neoplasien. In seltenen Fällen treten idiopathische Gingivawucherungen auf, für die bisher keine Ursachen gefunden wurden [Bork K et al., 2003]. Medikamentös modifizierte Gingivawuche- rungen, die als unerwünschte Arzneimittel- wirkung bei der Einnahme bestimmter Substanzen auftreten, werden insbesondere durch Antikonvulsiva (Hydantoine), Immun- suppressiva (Ciclosporine) und Kalzium- kanalblocker (Dihydropyridinderivate, Ben- zothiazinderivate, Phenylalkylaminderivate) hervorgerufen [Bork K et al., 2003]. Zu diesen Medikamentengruppen zählen Phenytoin- präparate, Ciclosporin A sowie die Kalzium- kanalblocker Nifedipin und Amlodipin. Die Erhebung der Medikamentenanamnese hilft daher in der differenzialdiagnostischen Abgrenzung der medikamentös modifizier- ten Gingivavergrößerung gegen die übrigen Formen der gingivalen Wucherungen. Neben der Gabe des auslösenden Medikaments wird als lokaler begünstigender Faktor ins- besondere die bakterielle Plaque diskutiert. Eine Gingivahyperplasie kann sich so als überschießende Reaktion bei vorhandener Disposition von Patientenseite und gleich- zeitiger allgemeinmedizinischer Therapie mit einem auslösenden Medikament ent- wickeln [Moffitt ML et al., 2013]. In ihrer klinischen Erscheinung können Gingivawucherungen in individuell unter- schiedlichen Ausprägungen vorliegen: Sie reichen von der Vergrößerung weniger Papillen bis hin zu starken, die Zähne über- wuchernden Gingivavergrößerungen in beiden Kiefern. Medikamentös modifizierte Gingivawucherungen entstehen ausschließ- lich in zahntragenden Arealen der Mund- höhle, sowie um dentale Implantate. Häufig gehen die Vergrößerungen von den Papillen der Frontzahnregion des Ober- und Unter- kiefers vestibulär aus und können mit Voran- schreiten der Gingivawucherungen dann generalisiert vorliegen [Livada R et al., 2014]. Die Therapie besteht bestenfalls im Absetzen des auslösenden Medikaments und Ersatz mit alternativen Wirkstoffen sowie einer pro- fessionellen Plaquekontrolle. Sofern die zu- grunde liegende Allgemeinerkrankung eine Substitution des Medikaments zulässt, sollte diese durch den behandelnden Arzt durch- geführt werden. Optimale Plaquekontrolle ist grundlegend für einen Therapieerfolg und bildet außerdem die Basis für weiter- führende chirurgische Interventionen zur Abtragung des überschüssigen Gewebes im Rahmen von Gingivektomien und Lappen- Ein Fallbericht Therapie einer medikamentös modifizierten Gingivawucherung bei chronischer Parodontitis Christina Eumann, Thomas Hoffmann, Katrin Lorenz Der Fallbericht beschreibt die konservative Therapie einer durch Amlodipin modifizierten Gingivawucherung bei Vorliegen einer generalisierten chronischen Parodontitis und eines oralen Lichen ruber planus. Vorher-nachher-Vergleich: der Ausgangsbefund links und der Abschlussbefund rechts Foto: Bellmann, Uniklinik Dresden 70 Zahnmedizin

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