Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 13

zm 108, Nr. 13, 1.7.2018, (1551) operationen. Wenn ein Ersatz des auslösen- den Medikaments durch einen alternativen Wirkstoff nicht möglich ist, ist auch nach chirurgischer Entfernung der Gingiva- wucherungen mit einer hohen Rezidivrate zu rechnen [Bork K et al., 2003]. Im folgenden Patientenfall werden die nicht-chirurgische Behandlung einer durch Amlodipin modifizierten Gingivawucherung mit Substitution des Amlodipins durch ein Medikament aus einer anderen Wirkstoff- gruppe und einer optimalen Plaquekontrolle sowie die Therapie der bereits bestehenden chronischen Parodontitis und die Diagnostik eines oralen Lichen ruber planus beschrieben. Der Fall Anamnese: Die 53-jährige Frau stellte sich im Januar 2015 in der Poliklinik für Parodon- tologie des Universitätsklinikums Dresden vor. Sie war von ihrer Hauszahnärztin mit der Bitte um Diagnostik und Therapie der gingivalen Größenzunahmen (Abbildungen 1a bis 1e) überwiesen worden. Die Patientin gab an, dass die Vergrößerung der Gingiva vor unge- fähr einem Jahr begonnen habe und diese sie mittlerweile in ihrer häuslichen Mund- hygiene einschränke. Die Benutzung von Hilfsmitteln zur Interdentalraumpflege sei nicht mehr möglich und die Gingiva blute seitdem häufig. Den Kaukomfort ihres 2009 angefertigten Zahnersatzes empfand sie als gut. Als Grund für die multiplen endodon- tischen Therapien und die Überkronungen an den Zähnen 15, 13 bis 22 sowie 24 und 25 gab die Patientin starke Abrasionen an. Seit dem Auftreten der Gingivawucherungen ergänzte sie auf Anraten ihrer Hauszahnärztin die häusliche Mundhygiene einmal täglich mit Chlorhexidingel, 1-prozentig. Die Patientin gab weiter an, dass eine syste- matische Parodontitistherapie bisher nicht stattgefunden habe. Sie lasse einmal im Jahr eine professionelle Zahnreinigung (PZR) durchführen. Zur häuslichen Mundhygiene verwende sie zweimal täglich eine Hand- zahnbürste und Zahncreme, sowie einmal pro Tag ergänzend Interdentalraumbürstchen zur Zahnzwischenraumpflege. Die Patientin litt an Diabetes mellitus Typ 2, Hypertonie und rheumatischen Beschwerden der Kniegelenke. Diese Grunderkrankungen wurden mit Valsartan-Actavis 320 mg/Tag, Amlodipin 10 mg/Tag, Allopurinol 200 mg/ Tag und Valoron 4 mg/Tag medikamentös behandelt. Die Medikation mit Amlodipin bestand seit ungefähr 1,5 Jahren. Die Pa- tientin war Nichtraucherin. Befund: Bei der klinischen Untersuchung zeigten sich vestibulär und oral im Bereich der Papillen und der befestigten Gingiva generalisierte Gingivawucherungen im Oberkiefer (OK) und im Unterkiefer (UK). Die Interdentalräume waren aufgrund der Gingivawucherungen nicht für Hygiene- hilfsmittel durchgängig. Der Parodontale Screeningindex (PSI) wies im OK die Codes 3/3/4, im UK die Codes 3/1/3 auf. Der da- raufhin erhobene Parodontalstatus (Abbil- dung 2) zeigte im OK Sondierungstiefen bis 7 mm mit Furkationsbeteiligungen Grad I (Zähne 16, 26, 27). Im UK betrugen die Sondierungstiefen bis zu 4 mm. Die Zahn- beweglichkeit an den Zähnen 16, 26 (Grad I) und 27 (Grad II) war erhöht. Der Plaqueindex PCR betrug 72 Prozent [O`Leary TJ et al., 1972] und der gingivale Blutungsindex GBI 75 Prozent [Ainamo J et al., 1975]. Das alio loco angefertigte Ortho- pantomogramm (Abbildung 3) zeigte hori- zontalen Knochenabbau bis zu einem Drittel der Wurzellänge in beiden Kiefern. Die Zähne 16 und 26 wiesen einen Knochen- abbau > 2/3 der Wurzellänge auf. Am Zahn 27 mesial erreichte der Knochenabbau die Wurzelspitze; zudemwar der Zahn elongiert Abbildung 1a: Ausgangsbefund (rechte Seitenansicht) Foto: Bellmann, Uniklinik Dresden Abbildung 1b: Ausgangsbefund (Frontal- ansicht) Foto: Bellmann, Uniklinik Dresden Abbildung 1c: Ausgangsbefund (linke Seiten- ansicht) Foto: Bellmann, Uniklinik Dresden Abbildung 1d: Ausgangsbefund (Aufsicht UK) Foto: Bellmann, Uniklinik Dresden Abbildung 1e: Ausgangsbefund (Aufsicht OK) Foto: Bellmann, Uniklinik Dresden 71

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