Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 13

zm 108, Nr. 13, 1.7.2018, (1554) Der orale Lichen ruber planus bereitete der Patientin subjektiv keine Beschwerden, so dass keine symptomatische Therapie er- forderlich war [Buser D et al., 1997]. Nach Abschluss der aktiven Therapie wurde sie damit ins Recall übernommen. Diskussion Anhand der Anamnese wurde als Modifikator der Gingivawucherung eindeutig der Kalzium- kanalblocker Amlodipin identifiziert [Infante Cossio P et al., 1997; Srivastava AK et al., 2010]. Im Vergleich zu anderen Wirkstoffen aus dieser Medikamentengruppe treten Gingivawucherungen unter Amlodipin sehr selten auf [Dongari-Bagtzoglou A et al., 2004]. In einer Untersuchung entwickelten nur 3,3 Prozent der Patienten unter der Therapie mit 5 mg Amlodipin/Tag Gingiva- wucherungen [Jorgensen MG, 1997]. Als obligate Faktoren in der multifaktoriellen Krankheitsgenese von Gingivahyperplasien gelten neben der Medikamenteneinnahme das Vorhandensein von Zähnen und das Vor- liegen einer bakteriell bedingten Gingivitis [Brown RS et al., 1991]. Weitere Faktoren sind das Alter, die Plaqueakkumulation, die genetische Prädisposition, lokale Gewebe- eigenschaften der Gingiva, Medikamenten- dosis, Pharmakokinetik und die Dauer der Einnahme [Moffitt ML et al., 2013]. Neben der Medikamentensubstitution gilt die Plaque- und Entzündungskontrolle als vorrangig therapeutisch beeinflussbar [Lederman D et al., 1984; Seymour RA et al., 2000, Seymour RA, 2006; Thomas DW et al., 2000]. Hierzu zählen Plaque- und Zahn- steinentfernung sowie die Korrektur von Plaqueretentionsstellen. Diese Maßnahmen wurden im dargestellten Fall intensiv durch- geführt. Durch die multiplen Überkronungen lagen zahlreiche subgingival gestaltete und überkonturierte Kronenränder sowie Kronen- verblockungen als begünstigende Plaque- retentionsstellen vor. Diese waren jedoch nicht mit einem vertretbaren Aufwand korri- gierbar. Adjunktiv zur mechanischen Thera- pie wurde Chlorhexidingel zur chemischen Belagskontrolle eingesetzt. Auf die kontro- vers diskutierte Gabe von Antibiotika wurde verzichtet [Thomas DW et al., 2006]. Wie im hier gezeigten Patientenfall sollte die Therapie stets primär nicht-chirurgisch durchgeführt werden [Camargo PM et al., 2001], da konservativ bereits gute Ergebnisse erzielt werden können. Die professionelle Plaquekontrolle in Kombination mit der Medikamentensubstitution ist in den meis- ten Fällen ausreichend, um eine fast voll- ständige Remission der Gingivawucherungen zu erreichen. Da allerdings auch schwere systemische Erkrankungen den Gingiva- vergrößerungen zugrunde liegen können, bedarf es grundsätzlich einer sorgfältigen Diagnostik und Anamnese. Wenn Therapie- versuche fehlschlagen oder keine ausreichende Remission erzielt werden kann, sollte in je- dem Fall eine weiterführende Diagnostik durchgeführt werden [Agrawal AA, 2015]. Es empfehlen sich kurze Kontrollabstände zur Feststellung eines Therapieerfolgs. Vorsicht ist geboten, wenn sich Gingivaver- größerungen auf dem Boden einer bereits bestehenden Parodontitis entwickeln. Auf- grund des röntgenologisch sichtbaren Knochenverlusts konnte in diesem Patien- tenfall davon ausgegangen werden, dass die Parodontitis bereits vor dem Auftreten der Gingivaveränderungen bestand. Die veränderten gingivalen Verhältnisse, die bakterielle Plaque sowie die Entzündung können das Fortschreiten der Parodontitis begünstigen. Deshalb wurde nach Rück- gang der Gingivawucherung die bisher nicht behandelte Parodontitis konservativ therapiert. Weißliche Schleimhautveränderungen im Bereich der oralen Mukosa können unter- schiedliche Ursachen haben: Je nach Art der Veränderungen kommen Infektionen, Mykosen, Autiommunerkrankungen sowie physikalische und chemische Traumata in- frage. Die weißlichen, nicht abwischbaren, nicht blutenden, subjektiv symptomfreien Veränderungen an den Papillen und im Bereich der befestigten Gingiva hatte die Patientin nicht bemerkt. Die auch aufgrund Abbildung 5a: Abschlussbefund (rechte Seitenansicht) Foto: Bellmann, Uniklinik Dresden Abbildung 5b: Abschlussbefund (Frontal- ansicht) Foto: Bellmann, Uniklinik Dresden Abbildung 5c: Abschlussbefund (linke Seiten- ansicht) Foto: Bellmann, Uniklinik Dresden Abbildung 5d: Abschlussbefund (Aufsicht UK) Foto: Bellmann, Uniklinik Dresden Abbildung 5e: Abschlussbefund (Aufsicht OK) Foto: Bellmann, Uniklinik Dresden 74 Zahnmedizin

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