Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 17

zm 108, Nr. 17, 1.9.2018, (1986) Wie können Medizinstudenten ihre Motiva- tion durch das Studium aufrechterhalten und wie lässt sich für die heranwachsende Ärztegeneration ein Arbeitsumfeld schaffen, in dem sie trotz aller Anforderungen gesund bleibt und sich wohlfühlt? Ein Team um Stefan Höfer von der Medizinischen Univer- sität Innsbruck hat mit dieser Fragestellung erstmals in einer Längsschnittstudie mehr als 400 Medizinstudenten über vier Jahre sowie 275 Jungärzte über eineinhalb Jahre begleitet. In Interviews, Befragungen und Beobach- tungen im Spital haben die Forscher abge- fragt, welche individuellen und organisato- rischen Voraussetzungen für ein erfülltes Arzt- leben gegeben sein müssen. Vier Charakter- stärken wurden von ihnen identifiziert, die laut Selbsteinschätzung der Befragten positive Effekte auf ihr Berufsleben haben: 1. Freundlichkeit, 2. Authentizität, 3. Urteils- vermögen und 4. Beziehungsfähigkeit. „Entgegen der Annahme, dass vorhandene Charakterstärken konstant angewendet werden, hat sich bei den Medizinstudenten, die wir über Jahre begleitet haben, gezeigt, dass es zu großen Schwankungen kommt“, berichtet Höfer erste Ergebnisse des Projekts, dessen Endbericht Ende 2018 vorliegen wird. Das bedeutet, die Studierenden durch- leben unterschiedliche Phasen im Studium, die es erfordern, in unterschiedlichem Aus- maß ihre persönlichen Stärken einzubringen. „Während die Stärken konstant bleiben, ist deren Anwendung also situationsbedingt“, erklärt Höfer. Ob und wie vorhandene Stärken eingesetzt werden können, hängt jedoch stark vom persönlichen und institu- tionellen Umfeld ab. Nur wer sich wohlfühlt, kann seine Stärken abrufen „Die gängige Meinung, dass das Wohl- befinden gesteigert wird, wenn bestimmte Stärken hoch ausgeprägt sind, scheint so nicht zu stimmen. Wir haben festgestellt, dass Stärken erst dann angewendet werden können, wenn es den Personen gut geht und sie sich wohlfühlen“, erklärt der Projekt- leiter. Über den gesamten Beobachtungszeitraum von vier Jahren waren die Studierenden in einer stabil guten Verfassung. „Das ist über- raschend, da es in der Literatur Hinweise da- rauf gibt, dass bis zu 30 Prozent der Studie- renden depressive Symptome entwickeln“, berichtet Höfer. Wer sich in einer bestimmten Umgebung wohlfühlt und gute Beziehungen aufbauen kann, der kann sich und seine Stärken ent- falten. Im Fokus der Organisation sollten da- her Aspekte wie Wertschätzung von Vorge- setzten und Kollegen, transparente Kom- munikation, Fehlerkultur und Entwicklungs- möglichkeiten stehen. Eben diese Faktoren wurden in dem For- schungsprojekt von den Befragten als wünschenswert genannt. „Wenn ein gutes sozio-moralisches Klima im Arbeitsumfeld herrscht, bildet sich das auch in der Kom- munikation ab und wirkt sich positiv auf Leistung und Zufriedenheit aus“, sagt Höfer. Auch flexible, ihren Bedürfnissen entgegen- kommende Arbeitszeiten, werden von den heranwachsenden Ärzten als wichtig einge- stuft. „Das kann gerade in einem Krankenhaus eine Herausforderung sein, aber es ist wichtig den Fördergedanken und das Wohlwollen des Personals institutionell zu verankern“, betont Höfer. Es dürfe nicht von einzelnen Personen abhängen, wie sich Arbeitsklima und Wohlbefinden gestalten. ck/pm Die empirischen Befunde der vorliegenden Studie sollen eine wichtige Grundlage für die Entwicklung von praxistauglichen Instrumen- ten sowohl zur Studien- und Berufsberatung liefern als auch zu einem gesundheitsförderli- chen Arbeitsklima im Krankenhaus beitragen. Auf persönlicher Ebene geht es darum, für den Beruf wichtige Charakterstärken zu aktivieren. Stefan Höfer ist Gesundheitspsychologe. Er lehrt und forscht am Department für Medizinische Psychologie der Medizinischen Universität Innsbruck. Längsschnittstudie aus Österreich Vier Charakterstärken sorgen für Zufriedenheit im Arztberuf Forscher aus Innsbruck haben Medizinstudenten und Jungärzte über einen langen Zeit- raum begleitet. Sie wollten wissen: Welche Voraussetzungen müssen für ein erfülltes Arztleben gegeben sein? Autonomie, Wertschätzung und eine offene Kommunikationskultur sind jungen Ärzten in ihrem Arbeitsumfeld wichtig. Foto: adobe.stock - Kurhan 146 zm–starter

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