Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18

zm 108, Nr. 18, 16.9.2018, (2025) jameda – Das Anrecht auf vollständige Arztlistung ist verspielt! Zum Beitrag „jameda: Gedanken aus juristischer Sicht: Ärztebewer- tung zwischen Dr. Jekyll und Mr. Hyde“, zm 15-16/2018, S. 46–48. Der entscheidende Punkt, ob das Geschäftsmodell von Jameda auf- rechtzuerhalten ist, ist die Neu- tralität des Portals. Der ehemalige Vorsitzende des Bundesgerichts- hofes, Wolfgang Büscher, sagt dazu in seinem Artikel „Soziale Medien, Bewertungsplattformen und Co“ von 2017: „Bietet der Portalbetrei- ber bewerteten Unternehmern die Möglichkeit, gegen Entgelt Wer- bung zu schalten oder die Präsen- tation zu verbessern, muss auch die Frage neu bewertet werden, ob Unternehmer nicht einen Anspruch haben, vollständig im Bewertungsportal gelöscht zu werden, wenn sie der Registrie- rung nicht zugestimmt haben.“ Und: „Verlässt der Betreiber des Bewertungsportals die mit der Stellung als Hostprovider verbun- dene neutrale Position und nimmt er gegen Entgelt aktiv durch Wer- bung oder Optimierung der Prä- sentation einzelner Unternehmer zu deren Gunsten amWettbewerb teil, besteht kein Anlass mehr, seinen Interessen an einem mög- lichst vollständigen Überblick den Vorrang vor dem einzelnen Unternehmer an informationeller Selbstbestimmung einzuräumen ... Der einzelne Unternehmer muss daher die Möglichkeit haben, sich auf dem Portal vollständig löschen zu lassen.“ Die Sachlage ist also eindeutig. Das Geschäftsmodell Jamedas, Werbung und Bewertung zu kombinieren und gleichzeitig an der Zwangsrekrutierung von Ärz- ten und Zahnärzten festzuhalten verstößt gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb. Aber sind kommerzielle und gleichzeitig neutrale Bewertungs- portale überhaupt möglich? Un- ter einer Bedingung ist das tat- sächlich so. Die Werbeeinnahmen dürfen nicht durch die Portal-Teil- nehmer erzielt werden, sondern müssen von Dritten, wirtschaftlich nicht direkt Involvierten, generiert werden, im Gesundheitsbereich zum Beispiel von Elektronik- oder Autokonzernen. So wird das auch bei Google und anderen Internet- Riesen gehandhabt. Nur dann ist ein Interessenkonflikt und unlau- terer Wettbewerb ausgeschlossen. Eine Sache sollte aber zusätzlich geklärt und gesetzlich geregelt werden. Die Anonymität bei Web- Bewertungen muss fallen. Jeder ist für das verantwortlich, was er sagt, und haftet auch dafür. Wenn man die Anonymität belässt, sind Intrigen und Verleumdungen Tür und Tor geöffnet, das ist nicht nur unwürdig, sondern auch strafrechtlich relevant. Natürlich wäre ein solches Portal das Ende von Jamedas fragwürdigem – um keine schärfere Formulierung zu benützen – Geschäftsmodell, aber es wäre auch der Beginn einer neuen Ära von Fairness und der Kollegialität. Natürlich sind damit noch lange nicht alle Probleme gelöst. Für den Verdrängungs- Wettbewerb v. a. von Fachärzten in den Metropolen muss man dann andere Lösungen finden, muss man sich in Kammern, Selbstverwal- tung, Öffentlichkeit einig werden, statt die Angelegenheit einer Platt- form zu überlassen, die mit Tricks das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb umgehen möchte, sich an der Quadratur des Kreises – und damit der Korrumpierung der Kollegenschaft – versucht. Dr. Dr. P. Gorenflos, 10551 Berlin

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