Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 19

zm 108, Nr. 19, 1.10.2018, (2255) die Menge des genetischen Materials der Bakterien ist generell um ein Vielfaches höher als die Zahl des gesamten Genoms eines Menschen. Was ist eine gute Bakterien-Balance? Die Darmflora wird zur Hauptsache aus vier Bakterienstämmen gebildet – Bacteroidetes, Firmicutes, Actinobacteria und Proteobacte- ria. Die Bacteroidetes können anaerob oder aerob existieren. Sie gelten als schlechte Nahrungsverwerter, ihr Anteil ist im Darm von adipösen Menschen eher klein. Dagegen sind die Firmicutes sehr gute Nahrungs- verwerter und im Darm von fettleibigen Menschen überproportional reichlich ver- treten. Es ist somit kein Wunder, dass zu- nächst eine enge Assoziation der Darmflora mit Übergewicht und Adipositas gesehen wurde. Bacteroidetes und Firmicutes machen in aller Regel mehr als 95 Prozent der Darm- flora aus. Zu diesen Stämmen gehören die Gattungen Bacteroides, Clostridium, Lacto- bacillus, Enterococcus und Streptococcus. Zu den Actinobacteria zählen das Bifido- bacterium und zu den Proteobacteria der Keim Escherichia coli. Während die Genetik der Menschen weit- gehend ähnlich ist, weicht die Zusammen- setzung der Bakterienstämme im Darm von Mensch zu Mensch stark ab. Das Mikrobiom scheint ein eigener Mikrokosmos zu sein, der Folgen für viele Körperfunktionen hat. Eine hohe Diversität der Bakterien ist dabei offenbar günstig. Das lässt sich zumindest aus Befunden schließen, wonach Patienten mit einer chronisch entzündlichen Darm- erkrankung wie demMorbus Crohn und der Colitis ulcerosa, aber auch adipöse Menschen eine verringerte bakterielle Diversität auf- weisen. Außerdem wird eine Assoziation der Dysbiose zum Reizdarm und zur Entstehung von Darmkrebs gesehen. Auch Lebererkran- kungen wie die Fettleber, die alkoholische und die nicht alkoholische Steatohepatitis und auch die Leberzirrhose sind mit einer veränderten Darmflora assoziiert. Eine erhöhte mikrobielle Diversität in der Darmflora wie auch in der Umwelt, wie sie beispielsweise bei Kindern gegeben ist, die auf einem Bauernhof groß werden, geht hingegen mit einem geringeren Risiko für allergische Erkrankungen einher. Schon lange ist der Zusammenhang zwischen Darmflora und der Entwicklung einer Adipo- sitas bekannt. Als Beweis gelten hier unter anderem Versuche der Stuhlübertragung von genetisch veränderten fettleibigen Mäusen auf normale Mäuse, die daraufhin ebenfalls eine Fettleibigkeit entwickelten. Bei adipösen Menschen zeigt sich außerdem ein verringerter Anteil an fäkalen Bacteroi- detes und ein erhöhter Anteil an Firmicutes, zwei Parameter, die offenbar für eine beson- ders effiziente Aufnahme von Kalorien aus der Nahrung verantwortlich zeichnen. Durch eine fett- und zuckerreiche Kost, üblich bei der westlichen Ernährung, wird die bei der Adipositas zu beobachtende verringerte Diversität der Darmflora weiter vermindert. Dagegen kann eine langfristig ballaststoff- reiche Kost, also der Verzehr von viel Obst und Gemüse, die Diversität offenbar stei- gern. Kurzfristige Ernährungsumstellungen scheinen allerdings kaum einen Effekt auf die Zusammensetzung des Mikrobioms zu haben. Die veränderte mikrobielle Besiedlung des Darms kann direkt krankheitsauslösend wirken: Dann „verschiebt“ sich das Gleich- gewicht der Bakterien im Darm, was sich auf die Durchlässigkeit der Darmwand aus- wirken kann. Resultieren kann eine erhöhte Permeabilität und damit eine Störung der normalen Barrierefunktion des Darms. Damit können vermehrt bakterielle Kompo- nenten und allgemeine Antigene die Darm- wand passieren und im Organismus Ent- zündungsreaktionen auslösen, die ihrerseits Immunreaktionen und möglicherweise Autoimmunphänomene triggern. Geringe Diversität macht krank Auch im Darm von Patienten mit einer Herz- schwäche finden sich signifikant weniger unterschiedliche Bakterien als bei gesunden Kontrollpersonen, wie das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung mitteilt. So sind bei den Patienten einzelne wichtige Bakterienfamilien stark reduziert. Noch ist 7HO ZZZ EH\FRGHQW GH ',( $%)250 '(6,1)(.7,21 0,7 ',520$7,& Š )h5 $//( $%)250 0$7(5,$/,(1 *((,*1(7 ‡ 'HVLQIL]LHUW ,KUH $EGUFNH ‡ (LQIDFK $EGUXFNO|IIHO HLQKlQJHQ XQG 9RUJDQJ VWDUWHQ ‡ 0LW GHP $EGUXFNGHVLQIHNWLRQV V\VWHP 'LURPDWLF HUVSDUHQ 6LH VLFK GDV 7DXFKEDG ‡ gNRQRPLVFKHV 'HVLQIHNWLRQV V\VWHP IU DOOH $EIRUPXQJHQ $OJLQDWH +\GURNROORLGH 3RO\HWKHUJXPPL 3RO\VXOILGH X D

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