Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23-24

zm 108, Nr. 23, 1.12.2018, (2826) -24, 1 12.2018, (2826) Aufgrund der starken Verwesung und der teilweisen Skelettierung ließ sich nicht ein- mal ermitteln, ob es sich um eine Frau oder einen Mann handelt. Tiefergehende Analysen genetischen Materials gab es in den 1980ern noch nicht. Das Gebiss deutete auf eine Frau 1989 ordnete das Landeskriminalamt (West-)Berlin die Leiche dem männlichen Geschlecht zu. „Wahrscheinlich waren die Proben kontaminiert“, tippt Kriminal- hauptkommissar Ralf Zentgraf. Ein zahn- ärztliches Gutachten aus demselben Jahr, von Prof. Dr. W.-E. Wetzel vom Gießener Zentrum für ZMK-Heilkunde, kam nämlich zu einem anderen Ergebnis: „Bei den durchgeführten Zahnfüllungen handelt es sich zumindest bei den mit Silberamalgam gefüllten Zähnen um mäßige zahnärztliche Berufskunst. So wurden weder die Grund- voraussetzungen der fachgerechten Prä- paration erkrankter Zähne noch die anatomischen Merkmale des Kauflächen- reliefs bei der Anfertigung der Füllungen sonderlich beachtet. Sollte anhand der Gebißmerkmale entschieden werden müs- sen, ob es sich bei der toten Person eher um eine Frau oder einen Mann handelt, so sprechen Form und Größe der Zahnbögen eher für das weibliche Geschlecht.“ Hinweise auf die Identität der Person und die Todesursache blieben aus und nach Tat- verdächtigen suchte man vergeblich. Fast 30 Jahre später, im Juli 2017, wenden sich die hessische Kriminalpolizei in Fried- berg und die Staatsanwaltschaft Gießen daher routinemäßig an Forensiker mit moderner Analysetechnik. Zähne sind neben den Knochen post mor- tem die am längsten haltbaren Bestandteile des Körpers: So gelingt es dem Institut für Rechtsmedizin in Gießen, DNA aus einem Eckzahn des Leichnams zu gewinnen und damit anschließend das Geschlecht der unbekannten Leiche definitiv zu bestimmen – es handelt sich wirklich um eine Frau. Die pulverisierten Zähne lieferten die DNA Nötig war dazu ein „PrepFiler Forensic DNA Extraction Kit“, wie Laborleiter Dipl.- Ing. Frank Heidorn erklärt. In Kombination mit einem speziellen Lysepuffer zum Auf- schließen der Zellen eignet sich dieses System besonders für die DNA-Extraktion aus Knochen und Zähnen. Heidorn: „Die Zähne beziehungsweise Knochen werden zermahlen und als Pulver in den Kit einge- Identifikation einer unbekannten Toten mithilfe von DNA-Extraktion Eckzahn liefert nach 30 Jahren den entscheidenden Hinweis „Wie verschnürt hatte die verweste Leiche im Gebüsch gelegen, Arme und Beine angewinkelt“, schrieb die Lokalzeitung. Mehr als 30 Jahre war unklar, wer die Person ist, die im Juni 1988 unweit der A5 tot im Stadtwald von Rosbach, Hessen, gefunden wurde. Jetzt lieferte ein Eckzahn den entscheidenden Hinweis auf ihr Geschlecht. Zahnstatus: 17 Zahnfüllungen (überwiegend Silberamalgam) und ausgeprägter Vorbiss Foto: Kripo Friedberg Zahnschema der Frau: Der Gebissbefund im Wortlaut: „Die ... Frontbereiche vermitteln den Eindruck des ‚vollen Mundes‘. Die Zahnlücke 46 dürfte einige Jahre alt sein (etwa 5 bis 15 Jahre), Alter der Person: etwa 30 Jahre +/- 8 Jahre, Zahn 44 ist vermutlich postmortal verlorengegangen.“ Quelle: Kripo Friedberg 110 Gesellschaft

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