Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23-24

zm 108, Nr. 23, 1.12.2018, (2827) zm 108, Nr. 23- 4 setzt. Zuvor müssen jedoch Verunreinigun- gen beseitigt werden, indem die äußeren Schichten abgeschliffen werden. Dann werden die Zellen der zuvor zermahlenen Knochen und Zähne aufgebrochen und endogene DNasen inaktiviert. Die so frei- gesetzte DNA wird an magnetische Partikel gebunden, an denen sie mehrmals ge- waschen werden kann. Anschließend wird die gebundene DNA von den Partikeln ge- löst (eluiert) und liegt in einem sehr hohen Reinigungsgrad vor.“ Und warum wurde gerade der Eckzahn ausgewählt? „Da 17 Zähne mit Füllungen versehen waren, waren diese für uns somit nicht mehr interessant“, sagt Heidorn. Die Gerichtsmedizin in Innsbruck/Tirol stellte überdies fest, dass es sich bei der Toten um eine Europäerin gehandelt haben muss. Menschliches Körpergewebe enthält bekanntlich geografische Informationen aus allen Lebensphasen – von der Kindheit bis zum Tod. Mithilfe eines Isotopengutachtens des Schädels, der Zähne und der Haare fanden Rechtsmediziner aus München schließlich heraus, dass die Tote in „Gebirgsregionen im südöstlichen Polen oder grenznahen Gebieten der Ukraine“ aufgewachsen sein muss. Das Leben einer unsteten Europäerin In der Pubertät sei „ein Ortswechsel in süd- liche Alpenregionen, beispielsweise in die Schweiz oder Norditalien“ denkbar. Im letzten Lebensabschnitt dürfte sich die Frau hingegen nicht in Europa aufgehalten haben: Die in dieser Phase aufgenommene Nahrung spricht für „einen Aufenthalt in Indien oder anderen meeresnahen, süd- asiatischen Regionen“. Erst wenige Wochen vor ihrem Tod ist die Verstorbene offenbar nach Deutschland zurückgekehrt. Zusam- menfassend kommen die Gutachter zu dem Ergebnis, „dass die Tote ein vergleichsweise unstetes Leben geführt hat“. ck/mth Hinweise zur Identifikation der Verstorbenen bitte an die Polizei in Friedberg unter 06031/601-0. Fundort: Entwässerungsgraben im Stadtwald von Rosbach, unweit der A5 Fundzeit: 21. Juni 1988 durch Waldarbeiter geboren: zwischen 1953 und 1968) Haare: mittelbraun, lang, gelockt Größe: etwa 1,65 Meter, schlank/zierlich Zahnfüllungen: 17, zumeist Silberamalgam Zahnzustand: ausgeprägter Vorbiss Die Hochschule Mittweida führte parallel zu den Untersuchungen eine CT-Gesichts- weichteilrekonstruktion durch. Projektleiter Prof. Dr. Dirk Labudde nennt die Vorausset- zungen für eine solche Rekonstruktion: \ Der Schädel muss intakt sein, im besten Fall mit Unterkiefer. \ Es müssen Informationen über das Aus- sehen vorliegen, gewonnen aus den sterb- lichen Überresten (Ethnie, Geschlecht, Haar- farbe, Hautfarbe etc.). Diese Informationen lieferten die Obduktions- sowie Isotopen- gutachten. \ Zu Kleidung, Kopfbedeckung, Lebens- umständen sowie „Zeitgeist“ (Fotoaufnah- men, Obduktionsberichte, Asservatenlisten) sollten Hinweise vorliegen. \ Auf Gesichtsdatenbanken muss zuge- griffen werden können, um beispielsweise ein Gefühl für typische Alterserscheinungen/- ausprägungen zu erhalten. \ Wichtig sind zudem Datensätze über anatomische Weichteilmarker mit durch- schnittlichen Weichteildicken; diese sind populationsabhängig und hängen von der ethnischen Gruppe ab. Eine Gesichtsweichteilrekonstruktion sei je- doch schwierig, betont Labudde: „Das Auf- treten von Artefakten, wie Forensiker Reste von Weichteilen und Anhaftungen am Schädel nennen, stört die Berechnung der knöchernen Struktur des Schädels aus den CT-Daten.“ Letztlich passte er die CT-Pro- tokolle an, indem diese Reste und Anhaf- tungen herausgerechnet wurden. Eine Mo- dellierung der Augenfarbe war aufgrund des Fäulniszustands nicht möglich. Des- halb nahm er eine „Korrelation zwischen dunkler Haar- und Augenfarbe“ an. \ Die CT-Gesichtsweichteilrekonstruktion Computergestützte Gesichtsweichteilrekonstruktion der unbekannten Toten Foto: Hochschule Mittweida 111

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