Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 01-02

zm 109, Nr. 01-02, 16.1.2019, (63) Effekte und Risiken einer KFO-Therapie In Anbetracht eines durch eine Parodontitis kompromittierten Zahnhalteapparats muss für eine rationale Therapie eingeschätzt wer- den, welche Wirkungen eine die parodontal- therapeutischen Maßnahmen ergänzende orthodontische Zahnbewegung erzielen kann, und ausgeschlossen werden, dass diese in der Gesamtbilanz schadhaft ist. In der wissenschaftlichen Literatur mit klinischem Fokus existieren neben Übersichtsarbeiten derzeit in erster Linie klinische Fallserien, Fallberichte und retrospektive Studien, die die Effekte kombiniert parodontologisch- kieferorthopädischer Behandlungen unter- sucht haben. Hinsichtlich der Zielparameter Sondierungstiefe (PD), klinisches Attachment- level (CAL) und röntgenologisch nachweis- bare Gewebsregeneration wurden in der Mehrzahl vorteilhafte Effekte beschrieben, aber auch Bedenken geäußert [Roccuzzo et al., 2018; Antoun et al., 2017; Zhang et al., 2017; Zasciurinskiene et al., 2016; Jepsen et al., 2015; Cardaropoli et al., 2014; Ghezzi et al., 2013; Rotundo et al., 2011; Kessler, 1976]. Andererseits belegen Untersuchungen, dass sich unter alleiniger kieferorthopädischer Therapie infolge einer Apparatur-bedingten Abbildung 1: Ausschnitt Frontalansicht, PAR/KFO-Patientin Uniklinikum Bonn vor Therapie Foto: Philipp Skora Abbildung 2: Intraorale Frontalansicht, PAR/KFO-Patientin Uniklinikum Bonn vor Therapie Foto: Eric Kutschera Abbildung 3: Ausschnitt Frontalansicht, PAR/KFO-Patientin Uniklinikum Bonn nach regenerativer PAR-Therapie (Behandler: P. Skora, K. Jepsen) und konsekutiver KFO-Therapie (Behandler: E. Kutschera) Foto: Eric Kutschera Abbildung 4: Intraorale Frontalansicht, PAR/KFO-Patientin Uniklinikum Bonn nach regenerativer PAR-Therapie (Behandler: P. Skora, K. Jepsen) und konsekutiver KFO-Therapie (Behandler: E. Kutschera) Foto: Eric Kutschera Gingivitis und Parodontitis sind die häu- figsten Erkrankungen der Menschheit. Weltweit wird die Prävalenz schwerer Parodontitis auf 10,5 bis 12 Prozent ge- schätzt [Kassebaum et al., 2014]. Nach der Fünften DeutschenMundgesundheits- studie (DMS V) [Jordan & Micheelis, 2016] weisen etwa 8 Prozent der jüngeren Erwachsenen, 20 Prozent der jüngeren Senioren und 44 Prozent der älteren Senioren eine schwere Parodontitis auf. Schätzungsweise 8 Millionen Erwachsene in Deutschland sind an einer schweren Parodontitis erkrankt. In Anbetracht des demografischen Wandels in Deutschland und der zunehmenden Zahl erhaltener Zähne auch im höheren Lebensalter muss von einer weiteren Steigerung des Behand- lungsbedarfs ausgegangen werden. Der Kampf gegen die Volkskrankheit Parodontitis stellt eine der größten Herausforderungen für die zahnmedizinische Versorgung dar [KZBV, 2017; Tonetti et al., 2017]. Parodontitis ist eine Biofilm-induzierte chronische, entzündliche Erkrankung. Bei parodontaler Gesundheit besteht eine Symbiose zwischen dem mit Gesundheit assoziierten Biofilm und einer angemesse- nen immuninflammatorischen Wirtsantwort. Eine Parodontitis entsteht als Folge der Entwicklung einer Dysbiose in anfälligen Individuen, die mit einer Dysregulation der immunentzündlichen Antwort einhergeht und die zu einem wirtsvermittelten Abbau von Bindegewebe und Alveolarknochen führt [Jepsen et al., 2018a; Kinane et al., 2017; Mira et al., 2017; Sanz et al., 2017; Hajishengallis & Lamont, 2016; Kilian et al., 2016; Meyle & Chapple, 2015; Jepsen & Dommisch, 2014]. Als komplexe, multi- faktorielle Erkrankung werden die Entstehung und der Verlauf der Parodontitis zudem Kurze Übersicht Parodontitis 65

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