Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 04

zm 109, Nr. 4, 16.2.2019, (264) ? Als Vorstand des BKK-Dachverbands lehnen Sie „restriktive Regelungen im Bereich der Medizinischen Versorgungszentren (MVZ)“ ab. In Frankreich, Spanien und Großbritan- nien hat die laxe Gesetzgebung ge- genüber Dentalketten dazu geführt, dass Tausende von Patienten heute unversorgt und teils verschuldet dastehen. Warum soll man aus diesen Erfahrungen nicht lernen und es in Deutschland besser machen? Franz Knieps: Natürlich sollte man aus Er- fahrungen anderer Länder lernen. Deshalb muss darauf geschaut werden, dass ein Un- ternehmen nicht eine marktbeherrschende Stellung in einem Versorgungsgebiet erlangt. Ich selbst will nicht nur von einer Kette im Land bedient werden. Wettbewerb muss möglich sein. Es müssen für alle – Betreiber und Inhaber von MVZ sowie niedergelassene Zahnärzte – faire Bedingungen herrschen. Es kann nicht sein, dass wir nur noch Großinvestoren haben, es kann aber auch nicht sein, dass gerade bei technisch geprägten ärztlichen Richtungen, die höhere Investitionen er- fordern, größere Einheiten verhindert wer- den. Die grundsätzliche Frage ist, ob wir Betreiber und Inhaber von MVZ haben wollen, die keinen Bezug zum Gesundheits- wesen haben. Hier kann ich mir zumindest vorstellen, dass man im zahnärztlichen Bereich so etwas wie „Firewalls“ braucht. ? Sie haben in einem aktuellen Interview gesagt, dass Sie MVZ für eine bedarfsgerechte medizinische Versorgung unverzichtbar halten – unabhängig von ihrer Trägerschaft. Ärzte und Zahnärzte sind dem hippokratischen Eid und der Berufs- ordnung verpflichtet. Wie wollen Sie sicherstellen, dass in der Zahnmedizin fachfremde Betreiber in erster Linie die Versorgung im Blick haben – und nicht die Rendite? Die einzelne Arzt- oder Zahnarztpraxis – sei sie noch so klein – strebt doch auch nach Gewinn. Eine Differenzierung, woher das Geld kommt, halte ich für absurd. Und dass derjenige, der das Geld in einer Einzel- oder Gemeinschaftspraxis verdient, darauf setzen darf, Kapitalrenditen zwischen 20 und 30 Prozent zu erzielen – dass aber andere wie zum Beispiel ärztliche oder zahnärztliche Versorgungswerke, die das Geld institutionell anlegen und dafür eine Rendite von 5 Pro- zent haben wollen, nicht an einer bedarfs- gerechten Versorgung interessiert sind, halte ich schlichtweg für unseriös! MVZ sind für eine bedarfsgerechte medizinische Versor- gung unverzichtbar – unabhängig von ihrer Trägerschaft. Beschränkungen von Investi- tionen in MVZ sind daher ebenso kontra- produktiv wie Hürden bei ihrer Zulassung oder ihren Tätigkeiten. Anstelle von Trägerschaftsdiskussionen soll- ten wir eine Debatte über Versorgungs- qualität führen. Dies sollte Dreh- und Angel- punkt sein, ob wir über Vergütung oder über Versorgungsplanung sprechen. Ein Wettbewerb um Qualität würde den Markt für eine einseitige Renditeorientierung un- möglich machen – sowohl aufseiten der Z-MVZ als auch bei den Einzelpraxen. ? Sie sagen, „die Differenzierung, woher das Geld kommt, ist absurd“. Doch Fakt ist: Die Haltezeiten von Private-Equity-Gesellschaften betra- gen durchschnittlich vier bis sieben Jahre. Ziel ist, kurz- bis mittelfristig möglichst hohe Renditen zu erzielen – und dann zu verkaufen. Ist es nicht gefährlich, die zahnmedizinische Versorgung dem freien Spiel des Marktes zu überlassen? Wer soll die Versorgung sicherstellen, wenn Investoren unrentable Praxen schließen? Die Frage ist doch: Warum sollte sich denn ein Renditejäger, eine sogenannte Heuschrecke, erst einmal in den Gesund- heitsmarkt einkaufen, dann das Geld ab- schöpfen und danach die Quelle ihres Geld- schöpfens fallen lassen? Also diese Gefahr sehe ich vorerst nicht. Wenn ein Laden gut läuft und dort gutes Geld zu verdienen ist, Interview mit Franz Knieps, Vorstand des BKK Dachverbands Eine Unterscheidung zwischen Z-MVZ und MVZ macht Sinn Franz Knieps ist bei Medizinischen Versorgungszentren strikt gegen Beschränkun- gen in Zulassung, Investitionen und Tätigkeiten: Statt über die Trägerschaft sollte man über die Versorgungsqualität sprechen. Eine Unterscheidung zwischen Z-MVZ und MVZ kann er sich dennoch gut vorstellen, Stichwort Bereichsausnahme. Denn: „Ich will Vielfalt und Fairness im Wettbewerb!“ Franz Knieps ist seit Juli 2013 Vorstand des BKK Dachverbands e.V. Der Jurist war als Abteilungsleiter im Bundesgesundheits- ministerium unter Ulla Schmidt einer ihrer wichtigsten Berater und hatte erheblichen Einfluss auf die Gesundheitspolitik von 2003 bis 2009. Porträt: privat 26 Wie das TSVG die zahnmedizinische Versorgung verändert

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=