Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 08

zm 109, Nr. 8, 16.4.2019, (830) In dem vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschiedenen Fall (Az.: BVerwG 6 C 2.18) geht es um eine Zahnärztin, die ihre Praxis per Videokameras überwachen ließ. Die Praxis ist frei zugänglich, das heißt, die Patienten müssen nicht erst klingeln, damit ihnen geöffnet wird. Im Empfangsbereich ist in der Regel kein Personal zugegen. Die Praxis befindet sich in einem Gesund- heitszentrum, zu dem auch eine Tagesklinik für Psychiatrie gehört. Zu ihrem Schutz hatte die Zahnärztin ins- gesamt drei Videokameras installiert: eine für den Empfangsbereich, die zwei anderen für je ein Behandlungszimmer. An der Eingangstür und an den Türen zu den über- wachten Behandlungszimmern wies die Zahnärztin mit Schildern mit der Aufschrift „Videogesichert“ auf die Kameras hin. Zahnärztin wollte Kameras zu ihrem Schutz Zum Rechtsstreit kam es, weil die zuständige Datenschutzaufsichtsbehörde nach einer anonymen Beschwerde gegen die Zahn- ärztin eine Anordnung erlassen hatte. Danach sollte sie die Kameras in den Behandlungs- zimmern während der „faktischen Besuchs- zeiten“ abschalten und die Kamera im Empfangsbereich nur auf den Bereich hinter dem Empfangstresen ausrichten, so dass Patienten und sonstige Besucher vor dem Empfangstresen und auf dem Flur zwischen Tresen und Eingangstür und dem Warte- zimmer nicht mehr erfasst werden. Dagegen rief die Zahnärztin das Verwaltungsgericht Potsdam an. Der Rechtsstreit ging über zwei Vorinstanzen: Zuletzt entschied das Oberverwaltungs- gericht (OVG) Berlin-Brandenburg im April 2017, dass die Kameras in den Behandlungs- zimmern sowie die Hinweisschilder bleiben dürfen, weil das Behandlungszimmer „kein öffentlich zugänglicher Raum“ sei und von Patienten erst betreten wird, wenn diese dazu aufgefordert werden. Anders der Eingangsbereich: Dieser sei laut OVG ein öffentlich zugänglicher Raum, „da er während der Sprech- und Öffnungszeiten dazu bestimmt ist, von der Allgemeinheit betreten zu werden“. Dementsprechend sei die Zahnärztin verpflichtet, die Kamera im Eingangsbereich ausschließlich auf den Bereich hinter dem Empfangstresen zu richten. Videoüberwachung ist nicht notwendig! Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte dies nun: Die Zahnärztin muss der Anordnung der Datenschutzaufsichtsbehörde Folge leis- ten und die Kamera im Empfangsbereich so ausrichten, dass lediglich der Bereich hinter dem Empfangstresen gefilmt wird. Zur Begründung heißt es: Die Zahnärztin habe nicht dargelegt, dass sie für den Be- trieb ihrer Praxis auf die Videoüberwachung angewiesen ist. Es bestünden auch keine tatsächlichen Anhaltspunkte, die ihre Be- fürchtung, Personen könnten ihre Praxis betreten, um dort Straftaten zu begehen, berechtigt erscheinen lassen. Die Videoüberwachung sei auch nicht not- wendig, um Patienten, die nach der Be- handlung aus medizinischen Gründen noch einige Zeit im Wartezimmer sitzen, in Not- fällen betreuen zu können. Und schließlich seien die Angaben der Zahnärztin, ihr entstünden ohne die Videoüberwachung erheblich höhere Kosten, völlig pauschal geblieben. nb BVerWG Az.: 6 C 2.18 Urteil vom 27. März 2019 Vorinstanzen: OVG Berlin-Brandenburg Az.: 12 B 7.16 Urteil vom 06. April 2017 VG Potsdam Az.: 9 K 725/13 Urteil vom 20. November 2015 Bundesverwaltungsgericht bestätigt Videoüberwachung ist im Empfangsbereich verboten! Die Videoüberwachung des Empfangsbereichs einer Praxis ist in der Regel nicht zulässig – auch nicht in einer Praxis, die ungehindert betreten werden kann. Dies entschied nun das Bundesverwaltungsgericht. Geklagt hatte eine Zahnärztin. Meine Praxis, meine Kamera – da entscheide ich? So einfach ist es eben nicht. Foto: AdobeStock © phonlamaiphoto 24 Politik

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