Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

zm 109, Nr. 10, 16.5.2019, (1100) Ein ansonsten anamnestisch gesunder 40-jähriger Mann stellte sich notfallmäßig mit einer eher unscheinbaren, punkt- förmigen Wunde im Bereich des Kinns links in unserer Ambulanz vor (Abbildung 1). Nach Aussage des Patienten war diese Ver- letzung beim Mähen des Rasens passiert, als ihm ein Gegenstand gegen das Kinn geschleudert worden sei. Klinisch berichtete der Patient über einen stechenden Schmerz bei der Mundöffnung sowie bei Druck auf den Ansatz des linken M. masseter. Senso- motorische Ausfälle im Gesichtsbereich lagen nicht vor. Die Frage nach einem bestehen- den Tetanusschutz wurde bejaht. Mit dem Verdacht auf einen ins Weich- gewebe der linken Wange eingedrungenen Fremdkörper wurde ein Unterkiefer-CT ge- fahren. Dieses zeigte einen röntgendichten, länglichen Fremdkörper im subkutanen Fettgewebe der linken Wange auf Höhe des Ansatzes des linken M. masseter (Abbil- dung 2). Nach Erörterung der Therapie- möglichkeiten wurde mit dem Patienten die Indikation zur Behandlung getroffen. In Lokalanästhesie erfolgte schließlich die Bergung des Fremdkörpers über einen retromandibulären Zugang (Abbildung 3) mit primäremWundverschluss. Abbildung 4 dokumentiert den circa 14mm langen, me- tallischen Fremdkörper. Die anschließende ambulante Weiterbehandlung verlief kom- plikationslos. Diskussion Durch Unfälle bedingte, tief ins faziale Gewebe eingedrungene Fremdkörper wie zum Beispiel Sandkörner, kleinere Steine, Metall- und Holz- splitter oder Glasscherben stellen eine große Herausforderung bei der Diagnostik und Bergung dar. Nicht selten bleiben diese bei der primären Wundversorgung unentdeckt und machen erst im weiteren Verlauf durch Beschwerden auf sich aufmerksam. Auch kön- nen Fremdkörper, die symptomlos imWeich- gewebe verweilen (meist anorganischen Ursprungs), zufällig im Rahmen einer an- stehenden bildgebenden Untersuchung diagnostiziert werden. Hier kann eine gründ- liche Patientenanamnese vor allem in Bezug auf das Unfallgeschehen in Kombination mit einer adäquaten klinischen Untersuchung erste Verdachtshinweise auf Fremdkörper- material liefern [Rudagi et al., 2013]. Die Diagnose erschweren zumeist unschein- bare Eintrittspforten, über die Fremdmaterial ins Gewebe gelangt sein kann. Zu den Primär- symptomen zählen entzündliche Prozesse, Schmerzen, Schwellungen sowie Bewegungs- einschränkungen, die bereits wenige Tage nach dem Vorfall mit zunächst stadien- gerechter Wundheilung auftreten können [Rudagi et al., 2013; Melo et al., 2017]. Da sich unser Patient unmittelbar nach dem Unfallereignis vorgestellt hat und über den Unfall sehr ausführlich berichten konnte, er- gab sich für uns frühzeitig der Verdacht auf das Vorliegen eines ins faziale Weichgewebe eingedrungenen Fremdkörpers. Differenzial- diagnostisch kam aufgrund der schmerzhaften Mundöffnung auch eine Unterkieferfraktur infrage. Vor der operativen Entfernung des Fremd- körpers ist für den Operateur das Wissen über dessen genaue Lokalisation unabding- bar [Sajad et al., 2011; Melo et al., 2017]. Hierzu stehen unterschiedliche bildgebende Verfahren zur Verfügung. So lassen sich ober- flächlich liegende, gut erreichbare Fremd- körper ohne großen Aufwand sonografisch darstellen. Ein weiterer Vorteil der Sonografie ist die noch während des operativen Ein- griffs mögliche intraoperative Lagekontrolle MKG-Chirurgie Bergung eines fazialen Fremdkörpers Felix Paulßen von Beck, Thomas Mücke In diesem Fall wird die Diagnostik und Therapie eines metallischen Fremdkörpers im Bereich der Wange geschildert. Abbildung 2: 3-D-radiologische Darstellung des röntgendichten, länglichen Fremdkörpers im CT in der axialen (a) und in der coronaren Schichtung (b) Foto: Felix Paulßen von Beck Ab bi l d un g 1: D ar st l e lu ng der Ei nt ri tt s p fo rt e d e s Fr e m dk ö r pe rs im B er ei c h d es K in ns l in ks Foto: Felix Paulßen von Beck 38 Zahnmedizin

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