Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

zm 109, Nr. 10, 16.5.2019, (1116) In der Poliklinik der Akademie für Zahnärztli- che Fortbildung Karlsruhe wurde im Zeit- raum April 2009 bis Februar 2010 ein Meth- acrylat-Zement (MA) (Premier Implant Ce- ment, Premier® Dental Products Company, Plymouth Meeting, USA) zur provisorischen Fixierung von festsitzendem Zahnersatz auf Implantaten verwendet. Dieser Zement wird explizit für festsitzende Implantatpro- thetik empfohlen. Die Anwendung des Ze- ments erfolgte wie vomHersteller empfohlen. Nach einigen Monaten klagten Patienten über Blutungen an den Implantaten. Der klinische Befund ergab in allen Fällen Bluten auf Sondierung und Suppurationen im Be- reich der Implantate (Abbildung 1). Zur Ursachenanalyse wurde in diesen Fällen die festsitzende Konstruktion einschließlich der Abutments revidiert. In allen Fällen wurde unterhalb der Abutments, im Bereich der Implantatschulter Zement gefunden (Abbil- dung 2). Nach Entfernung der Zementüber- schüsse und Rezementierung mit einem Ze- ment auf Zinkoxid-Eugenol-Basis (ZOE) (Temp Bond, Kerr Sybron Dental Speciali- ties, Glendora, USA) stellte sich nach weni- gen Tagen bis Wochen eine deutliche Ver- ringerung der entzündlichen Symptome ein. Aufgrund dieser Befunde wurde die Ver- wendung des MA-Zements in der Akademie komplett eingestellt. Da eine Zement-asso- ziierte Periimplantitis vermutet wurde und umweitere Zement-induzierte Komplikationen auszuschließen, erfolgte eine Reevaluation aller Patienten, die im Zeitraum von April 2009 bis Februar 2010 eine festsitzende ze- mentierte Implantatkonstruktion mit MA er- halten hatten. Die klinischen Auswirkungen des MA-Zements wurden inzwischen in mehreren Veröffentlichungen publiziert [Korsch et al., 2014b; Korsch et al. 2014a; Korsch et al., 2015a; Korsch et al., 2015b; Korsch et al., 2015e, Korsch et al., 2016]. Analyse der klinischen Beobachtungen Insgesamt wurde der MA-Zement im oben genannten Zeitraum bei 105 Patienten mit 198 Kronen verwendet. Zwischen April 2010 und November 2010 wurde bei 71 Pa- tienten mit 126 Implantaten die Befestigung der Suprakonstruktion wie beschrieben revi- diert. Die übrigen 34 Patienten lehnten eine Revision ab oder waren nicht erreichbar. Bei der Revision der Suprakonstruktion fanden sich bei 59,5 Prozent der Implantate Ze- mentüberschüsse [Korsch et al., 2014]. Die- se führten bei 80 Prozent der Implantate zu periimplantären Entzündungen [Korsch et al., 2014]. Zu annähernd gleichen Ergebnis- sen kam bereits eine Studie von Wilson [Wil- son, 2009]. Darüber hinaus fanden wir auch Attachmentverluste an Implantaten, die von Zement-assoziierter Periimplantitis betrof- fen waren [Korsch et al, 2015b]. Überraschend für die beteiligten Zahnärzte war, dass sie subjektiv außerordentliche Sorgfalt beim Entfernen der Zementüber- schüsse aufgewendet hatten und dennoch mehr als der Hälfte der Fälle Zementreste aufwiesen. Da Patienten von allen implan- tatprothetisch tätigen Behandlern betroffen waren, ist es unwahrscheinlich, dass indivi- duelle Besonderheiten der Vorgehensweise eine größere Rolle spielten. Es stellt sich viel- Zement-assoziierte Periimplantitis Komplikationen bei Verwendung eines MA-Zements Michael Korsch Die Zementierung von Zahnersatz auf Implantaten birgt das Risiko belassener Zementüberschüsse. Unklar war bisher der Einfluss der Zementart auf das periimplantäre Gewebe, den bakteriellen Biofilm und Entzündungen. Ausgehend von klinischen Beobachtungen hat die Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe dazu Untersuchungen durchgeführt. Abbildung 1: Diese Abbildung zeigt eine Einzelkrone, die mit MA-Zement fixiert wurde. Einige Wochen nach Zementierung lag hier ein BOP vor. Abbildung 1b: In einigen Fällen traten nach Zementierung mit MA-Zement Suppurationen im Bereich der Implantate auf. Der blaue Pfeil zeigt den Suppurationsfluss aus dem periimplantären Gewebe. 1a 1b Fotos: Michael Korsch 54 Zahnmedizin

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