Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

zm 109, Nr. 10, 16.5.2019, (1118) ment erfolgte ein weiteres Jahr später eine Nachuntersuchung. In keinem der Fälle trat eine Suppuration auf. Der BOP-Wert war bei Implantaten, die zuvor einen Zementüber- schuss aufwiesen, um 81 Prozent reduziert und bei Implantaten ohne Zementüber- schuss um 72 Prozent [Korsch et al., 2015e]. Die Bedeutung der Art des verwendeten Zements Diese Befunde zeigen, dass mit zunehmen- der Verweilzeit des MA-Zements das Risiko periimplantärer Infekte signifikant anstieg. Außerdem führte der verwendete MA-Ze- ment selbst ohne Zementüberschüsse zu Entzündungen der periimplantären Gewebe. Die Revision und Rezementierung mit ZOE- Zement brachte eine signifikante Reduktion der periimplantären Entzündungen. Die zwischen November 2014 und Januar 2015 behandelte Kohorte (22 Patienten mit 44 Implantaten, vorangegangene Zemen- tierung mit MA) wurde mit 16 Patienten (28 Implantaten) verglichen, deren Suprakon- struktionen mit ZOE-Zement fixiert wurden und die eine annähernd gleiche Zementver- weilzeit (3,8 Jahre) aufwiesen. Alle Patienten wurden in der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe versorgt. Während bei MA-Zement circa 60 Prozent der Im- plantate von Zementüberschüssen betrof- fen waren, konnten bei der Revision von Versorgungen mit ZOE in keinem der Fälle Zementüberschüsse aufgefunden werden [Korsch et al, 2015a]. Ursache hierfür ist, dass sich Überschüsse von ZOE-Zement in Kontakt mit Flüssigkeit auflösen [Yanikoglu et al., 2007]. Auch bei ZOE-Zement entste- hen primär Zementüberschüsse. Diese ver- bleiben aber nicht dauerhaft nach der Zementierung. Während Implantate mit MA+ zu 89 Prozent beziehungsweise MA- zu 24 Prozent von Suppuration betroffen waren, gab es kein einziges Implantat mit ZOE mit dieser Kom- plikation. Der Unterschied war hoch signifi- kant (Chi-Quadrat mit 3 df 70,5; p< 0,001). Der periimplantäre Knochenverlust (Abbil- dungen 3 und 4) war im Zeitraum zwischen Zementierung des Zahnersatzes und Revisi- on bei MA+ (1,37mm) signifikant größer (ANOVA, F =8,490, df =2, p<0,001) als bei MA- (0,41mm) und ZOE (0,07mm). Sogar der Knochenverlust bei MA- und ZOE war signifikant unterschiedlich (ANOVA, F =5.870, df =1, p<0,02). Untersuchungen zur Frage der Biofilmbildung Untersuchungen zur Frage, welchen Einfluss die Zementart auf den bakteriellen Biofilm hat, waren bislang äußerst rar. Zur Evaluati- on des Zusammenhangs zwischen der Ze- mentart und der Biofilmbildung wurden In- vitro-Untersuchungen durchgeführt [Obst et al., 2012]. Diese zeigten, dass Zemente auf MA-Basis anfälliger für mikrobielle Be- siedlung waren als solche auf ZOE-Basis [Busscher et al., 2010; Korsch et al, 2015a; Obst et al., 2012]. In einer aktuellen Unter- suchung wurden diese Vermutungen auch in-vivo bestätigt [Korsch et al., 2016]. Im Rahmen unserer Nachuntersuchungen wur- den mikrobielle Proben vom periimplantären Gewebe bei den zuvor genannten Kohorten MA (4,1 Jahre) und ZOE (3,8 Jahre) gewon- nen. Patienten mit MA-Zement hatten eine andere Zusammensetzung des Biofilms als Patienten mit ZOE. Suprakonstruktionen, die mit MA-Zement eingegliedert wurden, wiesen im periimplantären Gewebe signifi- kant mehr oral pathogene Keime auf als bei Zementierung mit ZOE. Der seit einigen Jahren angewendete MA- Zement scheint somit ein erhebliches Risiko für die periimplantären Gewebe darzustel- len. Deswegen sollten Befestigungszemente prinzipiell auf ihre Wirkung auf das periim- plantäre Gewebe untersucht werden. Von besonderer Bedeutung ist hierbei auch ihre Anfälligkeit für die Ausprägung von patho- genen Biofilmen. Die Ergebnisse der klinischen und mikrobio- logischen Untersuchungen legen nahe, dass der Einsatz von ZOE-Zement seltener zu oral pathogener Biofilmbildung führt als Meth- acrylat-basierter Zement. [Korsch et al., Abbildung 3: Zwei Implantate circa vier Jahre nach der Eingliederung des Zahnersatzes. Auf dem linken Röntgenbild wurde eine Krone mit ZOE-Zement eingegliedert. Der periim- plantäre Knochen ist auf Niveau der Implan- tatschulter. Ein Knochenverlust ist nicht erkennbar. Auf dem rechten Röntgenbild wurde eine Krone mit MA zementiert. Die grünen Pfeile zeigen einen ausgeprägten periimplantären Knochenverlust. 56 Zahnmedizin

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