Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 17

zm 109, Nr. 17, 1.9.2019, (1814) Im Juni 2018 hatten sich Experten mehrerer zahnärztlicher deutscher Fachgesellschaften wie der Deutschen Gesellschaft für Präventiv- zahnmedizin (DGPZM), der Deutschen Ge- sellschaft für Zahnerhaltung (DGZ), der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheil- kunde (DGKiZ) gemeinsammit dem Bundes- verband der Zahnärztinnen und Zahnärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (BZÖG) und der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) sowie Experten aus Österreich, der Schweiz und den Niederlanden auf einem Treffen in Berlin auf neue Empfehlungen für fluorid- haltige Kinderzahnpasten geeinigt. Kernpunkt war die Erhöhung der Fluoridkonzentration. Kinder sollten künftig vom ersten Zahn bis zum zweiten Geburtstag mit einer reiskorngroßen Menge Zahnpasta mit 1.000 ppm, vom zwei- ten bis zum sechsten Geburtstag zweimal täglich ihre Zähne mit einer erbsengroßen Menge dieser Zahnpasta putzen (Abbildung 1). Alternativ kann bis zum zweiten Geburts- tag auch die 500 ppm Zahnpaste genutzt werden, mit einer erbsengroßen Menge. September 2018 wurden die neuen Emp- fehlungen dann vorgestellt. Den Hintergrund für diese Initiative bildete der Befund, dass bevölkerungsweit der Kariesrückgang bei den Milchzähnen im Vergleich zum bleibenden Gebiss deutlich zurückgeblieben war. Mit der Erhöhung der Fluoridkonzentration in den Kinderzahnpasten wird die Erhebung einer präzisen Fluoridanamnese immer wichtiger, um die Gefahr der Ausbildung von Dentalfluorosen zu vermeiden. Fluoride Die Wirkmechanismen von Fluoriden in der Kariesprävention sind wissenschaftlich gut untersucht, wobei allerdings die Bedeutung der einzelnen Aspekte lange klinisch nicht geklärt war [Fejerskov, 1996]: - Bei der Schmelzbildung werden größere und stabilere Kristalle gebildet. - Fluorid scheint die Kronenmorphologie zu beeinflussen und die Ausbildung flacherer Fissuren und Grübchen mit geringerem Kariesrisiko zu fördern. - Fluoride blockieren glykolytische Enzyme und damit den Bakterienstoffwechsel. - Die Demineralisation des Schmelzes wird bei Säureangriffen durch Fluorid in der Lösung reduziert. - Die Remineralisation des Schmelzes wird durch Fluorid in der Lösung verbessert. Initial wurde vor allem die systemische Wir- kung favorisiert, auch wenn bei der Schmelz- bildung nur in geringem Ausmaß reiner Hy- droxyl- oder Fluorapatit entsteht. Mehrheit- lich liegt ein Gemisch aus unterschiedlichen Kristallen mit vielen Substitutionen vor, das auch während der posteruptiven De- und Remineralisation modifiziert wird. Kalzium- bindungsstellen werden dabei häufig mit Karbonaten gefüllt, die aber zu einer erhöhten Säurelöslichkeit führen [Fejerskov, 1996]. Auch das Hydroxylion (OH - ) im Hydroxylapatit führt zu einer suboptimalen Kristallstruktur, was mit einer geringeren Säurelösung ein- hergeht. Ein Ersatz des Hydroxylions durch Fluoridionen (F - ) führt zu einem sehr säure- resistenten Fluorapatit, so dass systemische Fluoride und eine Optimierung der Schmelz- bildung für die Kariesprävention sinnvoll er- schienen. Daher wurde der Einlagerung von Anwendung der neuen Fluoridempfehlungen Zwischen Kariesprävention und Dentalfluorose Christian H. Splieth Die deutschen wie die europäischen Fachgesellschaften empfehlen seit dem vergangen Jahr ab dem ersten Milchzahn zweimal täglich das Putzen mit einer Zahnpaste mit einem Fluoridgehalt von 1.000 ppm. Nun sind die ersten ent- sprechenden Kinderzahnpasten im Handel. Die höhere Fluoridkonzentration in diesen Pasten wiederum stellt höhere Anforderungen an die Fluoridanamnese, um der Gefahr einer Dentalfluorose entgegenzuwirken. Der Beitrag zeigt, wie mit den neuen Fluoridempfehlungen eine optimale Kariesprävention gelingt. Abbildung 1: Die europäischen und deutschen Empfehlungen zur Kariesprävention favorisieren vom ersten Zahn an die Nutzung von fluoridhaltiger Zahnpaste. Quelle: Toumba et al. 2019, DGPZM 2018 28 Zahnmedizin

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