Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 18

zm 109, Nr. 18, 16.9.2019, (2016) Nachdem ich im Januar dieses Jahres mein Examen in München absolviert und zwei Monate für ein zahnärztliches Hilfsprojekt in Brasilien verbracht hatte, startete im April die Reise nach Karatschi mit der Hilfsorgani- sation „WE.care Germany e. V.“. Regelmäßig organisiert WE.care Dental Camps in Pakis- tan, bei denen Bedürftige aus Armenvierteln behandelt werden. Drei Wochen lang habe ich an der Seite von Dr. Kashif Chughtai, Gründer von WE.care Germany e.V., und Dr. Gulfam Atif, Zahn- ärztin in der Klinik „Al Mustafa Trust Clifton Medical Centre Karachi“, gearbeitet. Behan- delt haben wir vor allemMenschen aus dem nächstgelegenen Armenviertel „Shirin Jin- nah Colony“, doch es gab auch Patienten, die einen stundenlangen Anreiseweg hinter sich hatten. Das Wartezimmer war jeden Tag komplett ausgelastet, in drei Wochen konnten wir 286 Patienten konservierend und chirurgisch behandeln. Bis auf eine kurze Chai-Pause (pakistanischer Tee) wurde von morgens bis abends durchgearbeitet, um möglichst vielen helfen zu können. Montag früh, 9 Uhr: Der 40-Jährige Waqas betritt mit schmerzverzerrtem Gesicht und einer Schwellung am Unterkiefer den Be- handlungsraum. „Dawa, dawa“ sagt er, was „Medikament“ auf Paschtu heißt. Mehr will er gar nicht. Dass wir ihn untersuchen, möchte er auf keinen Fall. „Beim Zahnarzt stecke ich mich bloß mit Hepatits an!“ Lei- der nicht der einzige Patient in Karatschi, der so denkt. Eine Krone für einen Euro Karatschi ist die größte Wirtschafts- und Finanzmetropole Pakistans. Fast 15 Millio- nen Einwohner, aufstrebende Hafenstadt – gleichzeitig leben viele Menschen in Ar- mutsvierteln, wo sie keinen Zugang zu Bil- dung und einer adäquaten medizinischen Versorgung haben. Zahnbehandlungen sind für viele unbezahlbar. Eine Vollzeit arbeitende Reinigungskraft verdient in der Klinik gerade mal umgerechnet 50 Euro im Monat. Die Konsequenz daraus ist, dass viele so lange auf einen Zahnarztbesuch warten, bis die Schmerzen nicht mehr auszuhalten sind. Davor werden bei Zahn- problemen häufig erst viele Schmerzmittel und Antibiotika (die in Pakistan freiverkäuf- lich sind!) eingenommen. Mit WE.care e. V. in Pakistan Betelnüsse und Straßenzahnärzte Jeder Hilfseinsatz hat seine speziellen Herausforderungen – in Pakistans Metro- pole Karatschi sind das die Betelnuss und die Straßenzahnärzte. Das Kauen der Betelnuss verursacht Zahnverfärbungen und kann Mundhöhlentumore auslösen. Die selbst ernannten Straßen„zahnärzte“ bieten erschwingliche „Behandlungen“, aber unter katastrophalen hygienischen Bedingungen, ohne wirklich zu helfen. Danach suchen die Patienten noch verzweifelter nach Hilfe. Verfärbungen aufgrund von Guttka und/oder Paan Foto: Rena Cheema Schüler beim Mundhygienetraining an der Shirin Jinnah Government School Foto: Rena Cheema 78 Gesellschaft

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