Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23-24

zm 109, Nr. 23-24, 1.12.2019, (2667) durch diese Vernetzung die angestrebten physikalischen Eigenschaften der Restaura- tionen [Ferracane et al., 1998]. Die dazu benötigten Radikale werden durch lichtsensitive Initiatoren, den Photoinitiato- ren, wie zum Beispiel dem Campherchinon (CQ)-Amin-System, durch Spaltung von Atombindungen nach Bestrahlung durch bestimmte Wellenlängen gebildet. Das am häufigsten verwendete CQ absorbiert Licht im Wellenlängenbereich von circa 390 nm bis 510 nm bei einem Absorptionsmaxi- mum (Lambda max ) von 470 nm [Neumann et al., 2005], also im Wellenlängenbereich des blauen Lichts. Wegen der gelben Eigen- farbe und der geringeren Effizienz in der Bil- dung von Radikalen (CQ bildet lediglich ein Radikal pro Molekül) werden auch weiß- lichere Varianten wie zum Beispiel Lucirin TPO oder Phenyl-Propan-Dion (PPD) beige- mischt [Rueggeberg, 2011]. Im Zusammen- hang mit der Entwicklung der Bulk-Fill-Kom- posite wurden weitere Alternativen wie zum Beispiel Ivocerin (Fa. Ivoclar Vivadent) ent- wickelt [AG, 2013]. Diese alternativen Photoinitiatoren absor- bieren das Licht überwiegend im Wellen- längenbereich von 380 bis 430 nm (Acryl- phosphynoxid: 300 < Lambda < 440; Lambda max = 381 nm; PPD, Phenylpropan- dion, 330 < Lambda < 460; Lambda max = 398 nm) [Neumann et al., 2005; Gan et al., 2018]. Anders als CQ benötigten alternative Photoinitiatoren keine Co-Initiatoren, um Radikale zu bilden, und können – je nach Struktur – zwei oder mehr Radikale bilden, die alle die radikalische Polymerisation initiieren können. Sie sind somit deutlich effizienter als CQ [Ikemura und Endo, 2010]. Die Bildung von Radikalen endet mit dem Ausschalten des Lichtgeräts, das die ent- sprechende Wellenlänge abstrahlt. Ein aus- reichender Reaktionsumsatz erfordert daher eine Mindestbelichtungszeit beziehungs- weise eine bestimmte Energiemenge, auch Belichtungsdosis genannt. Eine nur kurz be- lichtete Kompositmasse erscheint an der Oberfläche durchaus als ausgehärtet, wäh- rend in der Tiefe keine ausreichende Poly- merisation stattgefunden hat [Lovell et al., 2003]. Das kann dann zu den oben darge- stellten Folgen führen. Um ein schnelles Aushärten in besonders kurzer Zeit zu ermöglichen, werden Poly- merisationslichtgeräte mit hoher Intensität angeboten. Dabei ergibt sich allerdings das Problem, dass ein Initiatorsystem nur eine bestimmte Menge an Energie pro Zeit- einheit aufnehmen kann und ab einer be- stimmten Intensität keine weitere Erhöhung der Radikalbildung mehr erfolgt [Halvorson et al., 2002; Leprince et al., 2012]. Somit können bei sehr kurzen Belichtungszeiten die auftretenden Effekte nicht mehr durch eine entsprechende Erhöhung der Intensität kompensiert werden. Es ist dabei auch zu beachten, dass eine hohe Lichtintensität mit einer hohen Wärmeentwicklung gekoppelt wird, was die Gefahr der Pulpaüberhitzung oder von Verletzungen des Weichgewebes erhöht. Metaanalysen von In-vitro-Studien haben ergeben, dass durch eine geringere Bestrah- lungsstärke bei längerer Belichtungszeit (zum Beispiel Soft-Start-Polymerisation), mit intermittierenden Belichtungen bei gleicher Belichtungsdosis (Total Energy Concept – siehe unten) und ähnlichen Herangehensweisen geringerer Schrump- fungsstress gemessen werden konnte. Diese Vorteile konnten aber in klinischen Studien bisher nicht bestätigt werden [Munchow et al., 2018], so dass der Soft-Start-Polymeri- sation heute keine große Bedeutung mehr zugemessen wird. Zu den Absorptionsspektren der Photo- initiatoren müssen die Emissionsspektren der Lichtgeräte passen. Während das Emis- sionsspektrum für die sichere Aushärtung des Kompositmaterials entscheidend ist, be- reiten insbesondere diese Wellenlängen für das menschliche Auge enorme Probleme [Soares et al., 2017]. Gerade der blaue Wellenlängenbereich ist für die Netzhaut besonders gefährlich und durch kumulative Effekte kann es gegebenenfalls zur Beein- trächtigung der Sehfähigkeit kommen. Daher sind Orange-Filter unbedingt erforderlich, um die korrekte Lage des Lichtaustritts- fensters visuell überprüfen zu können [Price et al., 2016]. Polymerisationslichtgeräte Halogengeräte erzeugen das Licht durch einen auf etwa 3.000 °C aufgeheizten Wolf- ram-Faden, der allerdings nur circa acht Prozent der Energie in Form von sichtbarem Licht abgibt. Sie besitzen breitbandige Emissionsspektren (Abbildung 1) und können daher alle in der Zahnmedizin verwendeten Abbildung 1: Darstellung der Absorptionsspektren von Photoinitiatoren und der Emissions- spektren von blauen (Peak 456 nm) und violetten (Peak 412 nm) LEDs Foto: Blunck Für eine erfolgreich gelöste Fortbildung erhalten Sie 2 CME-Punkte der BZÄK/ DGZMK. Lichtpolymerisation heute CME AUF ZM - ONLINE 49

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=