Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 04

zm 110, Nr. 4, 16.2.2020, (311) E s gibt sicher viele Gründe für die Scheidung, aber der Hauptgrund ist und bleibt die Hochzeit“ – O-Ton Jerrry Lewis. Fakt ist: Eine Schei- dung belastet – gerade, wenn es neben dem Gefühlsbad noch um so große Vermögenswerte wie eine zahnärztliche Praxis geht. Keine Scheidung ist dabei wie die andere, denn in den juristischen Pro- zess fließen in jedem Einzelfall unter- schiedliche Aspekte ein: Wie lange dauerte die Ehe? Gibt es gemeinsame Kinder? Falls ja: Wie alt sind sie? Welches Vermögen wurde während der Ehe erworben? Hat das Paar einen Ehevertrag abgeschlossen? Für Zahnärzte und Zahnärztinnen, die als Ehepaar oder allein eine Praxis auf- gebaut haben, kommen noch Fragen rund um ihr Unternehmen hinzu. Familienanwalt Uwe Koch hat schon viele Scheidungen von Niedergelasse- nen begleitet und gibt einen Einblick, wie die Praxis betroffen sein kann. Szenario 1: Gemeinschaftspraxis nach dem Ehe-Aus Nach 18 gemeinsamen Jahren lässt sich Ehepaar Sanders* scheiden. Kurz nach ihrer Hochzeit haben der Zahn- arzt und die Zahnärztin ein Haus ge- kauft und darin eine Gemeinschafts- praxis eröffnet. Sie trennen sich einvernehmlich, möchten in Zukunft aber nicht mehr zusammenwohnen oder -arbeiten. Wer in Haus und Praxis bleibt, steht noch nicht fest. Da den Ehepartnern aber beides zu gleichen Kopfanteilen gehört, muss derjenige, der alles übernimmt, dem anderen das Eigenheim und die Praxis für 50 Pro- zent ihres Werts abkaufen. Letzteren kann man von einer Bank, einem Makler oder anderen Gutachtern schätzen lassen. „Anders ist es, wenn ein Ehepaar ge- staffelte Anteile, zum Beispiel 60 zu 40, vertraglich vereinbart hat. Etwa, weil er oder sie mehr Startkapital oder insge- samt mehr Arbeitsstunden in die Praxis investiert oder Zusatzqualifikationen hat“, sagt Koch. „Dann verschiebt sich die Ablösesumme entsprechend.“ Die Sanders haben Haus und Praxis zu- sammen aufgebaut. Wie verhält es sich aber mit der Gemeinschaftspraxis, wenn sie sich in einer Immobilie be- findet, die einer der Partner vor der Ehe von seinen Eltern übertragen be- kommen hat? Hier empfiehlt Rechts- anwalt Koch eine klare Regelung für den Fall der Fälle: „Wenn die Praxis- räume in einem solchen Haus angesie- delt sind, sollten sich Schwiegertochter oder Schwiegersohn Nutzungsrechte im Grundbuch eintragen lassen, den sogenannten Nießbrauch. Der bleibt auch nach einer Scheidung bestehen.“ Auch folgendes Szenario ist möglich, wenn sich die Inhaber einer Gemein- schaftspraxis trennen: Und zwar, dass das Paar in die bereits bestehende zahnärztliche Praxis der Eltern oder Schwiegereltern eingestiegen ist. Auch dann rät Koch zu einer vertraglich ge- regelten Eigentümerstellung, aus der hervorgeht, wer welche Anteile an der Praxis hält. Sollte der Schwiegersohn oder die Schwiegertochter nur ange- stellt gewesen sein, fallen Kopfanteile natürlich weg. „Je nach Größe der Praxis, kann der- oder diejenige auch nicht auf einen Kündigungsschutz pochen“, merkt Koch an. VON WEGEN „ALLES KOMMT IN EINEN TOPF“ Nicht nur für Haus und Praxis müssen die Sanders eine Lösung finden. Bei einer Scheidung wird auch auf das Gesamtvermögen geschaut. Hier räumt Uwe Koch gleich mit einer falschen Auffassung auf: „Viele denken, dass nach der Hochzeit alle Vermögenswerte in einen Topf kommen und beiden zu gleichen Teilen gehören. Aber: Auch in einer Ehe behält jeder sein eigenes Vermögen. Das heißt, wenn die Ehe scheitert, wird der persönliche Zuge- winn – also der Vermögenszuwachs seit Eheschließung – ermittelt und für den sogenannten Zugewinnausgleich herangezogen. Geteilt werden muss nur dieser Vermögenszuwachs – ein Prinzip, das übrigens auch für even- tuell vorhandene Schulden gilt.“ Hat ein Ehepartner beispielsweise schon vor der Hochzeit eine oder meh- rere Immobilien geerbt, werden nicht die Immobilien geteilt, sondern der Wertzuwachs, den sie während der Ehe erzielt haben. Stichtag für die Ver- mögensbilanz ist der Tag, an dem der Scheidungsantrag zugestellt wird. Koch empfiehlt Ehepartnern, gut zu dokumentieren, welches Vermögen sie am Tag der Eheschließung besessen haben und immer Zugriff auf diese Dokumente zu haben. Zum anderen mache es für alle, die ein Unternehmen wie eine zahnärztliche Praxis gründen, Sinn, Regelungen für den Ernstfall durchzusprechen und zum Beispiel in einem Ehevertrag festzuhalten. „Natür- lich ist das ein komisches Gefühl, wenn man gerade eine Hochzeit plant. Aber sollte es irgendwann zur Tren- nung kommen, wird diese schwierige Zeit dadurch für alle Beteiligten sehr viel leichter“, so Koch. Szenario 2: Niedergelassen und angestellt Zahnärztin Ulla Ruge* ist Inhaberin einer zahnärztlichen Praxis, die sie nach der Hochzeit gegründet hat. Ihr Mann ist Angestellter in einem mittel- ständischen Unternehmen, wo er monatlich im Schnitt weniger als seine Frau verdient. Im Zuge der Scheidung müssen Zugewinnausgleich und Ehe- gattenunterhalt festgelegt werden. Die Zahnärztin hat durch ihre Arbeit einen enormen Vermögenswert aufgebaut. Alle Kredite sind getilgt und die Praxis ist 250.000 Euro wertvoller als zum Zeitpunkt der Niederlassung. „So etwas kann Begehrlichkeiten für den Zuge- winnausgleich wecken“, betont Koch. Zunächst werden aber laut Koch aus dem Zugewinn, den die Praxis dar- stellt, verschiedene Faktoren heraus- gerechnet. Dazu gehört vor allem der Abzug der eigentlichen Arbeitsleistung, das heißt das Arbeitseinkommen der Praxisinhaberin. Als Richtwert wird in der Regel der Verdienst herangezogen, den sie in einer Leitungsstellung wie in einer Klinik erhalten würde, denn eine Leitungsfunktion hat sie ja auch in ihrer Praxis. Hinzu kommen Faktoren wie der Einkommenssteuerabzug, der sich nach dem Verkauf der Praxis ergäbe. „Dadurch wird der Wert der Praxis nach unten gedrückt, aber dennoch muss die Zahnärztin damit rechnen, einen Zugewinnausgleich an den Part- ner leisten zu müssen“, führt Koch weiter aus. Seine Empfehlung lautet daher, die Praxis durch einen Ehe- vertrag aus dem Zugewinnausgleich herauszunehmen. „So verhindern nie- dergelassene Zahnärztinnen und Zahn- | 81

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