Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 04

zm 110, Nr. 4, 16.2.2020, (312) ärzte, dass sie ihren Arbeitsplatz noch einmal zur Hälfte kaufen müssen oder dass durch eine Trennung die Praxis unter Druck gerät.“ Szenario 3: Angestellte Ehepartner in der Praxis Hanna Hobert* war bis zur Trennung von ihrem Mann 25 Jahre in dessen zahnärztlicher Praxis für Empfang und Verwaltungsaufgaben verantwortlich und bezog dafür ein Gehalt. In Zukunft möchte sie dort nicht mehr arbeiten. Wie geht es beruflich mit ihr weiter? Grundsätzlich sieht das deutsche Recht vor, dass sich Ex-Ehepartner nach der Scheidung um eine vergleich- bare Anstellung bemühen müssen, um ihren Lebensunterhalt selbstständig zu bestreiten. Koch erläutert: „Nach einer Scheidung sind alle Beteiligten wirt- schaftlich für sich selbst verantwortlich. Aber: Der oder die Wohlhabendere hat während eines Übergangszeitraums da- für Sorge zu tragen, dass der während der Ehe bestehende Lebensstandard des Anderen erhalten bleibt.“ Wieviel und wie lange Unterhalt ge- zahlt werden muss, sei eine Einzelfall- entscheidung und hänge von vielen Faktoren ab. Ausschlaggebend sei unter anderem, ob unterhaltspflichtige Kinder im Spiel seien. Koch fügt hinzu: „Der Zugewinnausgleich wird getrennt vom Unterhalt ermittelt. Da er das Ver- mögen betrifft und nicht den Lebens- unterhalt, reduziert er letzteren meis- tens nicht. Außer, es werden Güter übertragen, die selbst Einkommen ab- werfen wie etwa eine vermietbare Wohnung.“ Geschiedene Partner, die sich einen neuen Job suchen müssen, können laut Koch nicht gezwungen werden, eine unangemessene Tätigkeit anzu- nehmen, also einen Job, der nicht ihrer Ausbildung entspricht. „Eheleute sollten sich über Folgendes im Klaren sein: Steigt die Frau oder der Mann nach der Hochzeit ganz aus dem Beruf aus, haften die Ehegatten dafür mit. Das heißt: Finden die oder der Ex wegen fehlender Qualifikationen nach einer Trennung keine Anstellung, kann es vorkommen, dass man bis zu deren Renteneintritt Unterhalt zahlen muss.“ Hanna Hobert hat im Schnitt weniger verdient und während der Erziehungs- phase der gemeinsamen Kinder zudem Teilzeit gearbeitet. Als Folge hat sie im Laufe der Ehe im Vergleich zu ihrem Mann weniger Beiträge in die Renten- kasse eingezahlt. „Der Rentennachteil der weniger arbeitenden Partner wird bei einer Scheidung ausgeglichen. Das heißt: Alles, was die Partner in der Ehe an Altersvorsorge erwerben, wird genau hälftig geteilt. Wer mehr eingezahlt hat, muss dadurch einen eventuell sin- kenden Rentenanspruch hinnehmen“, sagt Koch. Auch hier rät der Familien- anwalt noch während intakter Ehe da- für zu sorgen, dass Mann und Frau in etwa gleich viel für die Altersvorsorge tun. Der oder die finanziell Stärkere könne beispielsweise eine private Ren- tenversicherung für den Anderen finanzieren. DIE ANSPRÜCHE WERDEN GETEILT Besondere Vorsicht beim Rentenaus- gleich ist nach Aussage des Rechts- anwalts geboten, wenn ein Partner selbstständig ist. Anders als Zahn- ärztInnen müssen viele Selbstständige keine verpflichtenden Beiträge an ein Versorgungswerk entrichten. Das kann im schlimmsten Fall bedeuten, dass Niedergelassene ihren Rentenanspruch teilen müssen, vom Partner aber nichts erhalten, sollte er oder sie gar keine private Vorsorge betrieben haben. Theoretisch sei es sogar möglich, dass Niedergelassene auch beim Zugewinn- ausgleich in die Röhre gucken. Und zwar dann, wenn der oder die Selbst- ständige sein oder ihr Unternehmen durch einen Ehevertrag ausgeschlossen hat. „Hier kann es eine Lösung sein, beide Unternehmen, also auch die Pra- xis, aus dem Zugewinn auszuschließen und ehevertraglich eine angemessene Altersvorsorge für beide zu vereinbaren“, sagt Koch. Szenario 4: Unverheiratete Niedergelassene Zahnärzte und Zahnärztinnen, die in wilder Ehe zusammenleben, und in einer Gemeinschaftspraxis nieder- gelassen sind, werden – wenn sich ihre Wege trennen – rechtlich wie Geschäftspartner behandelt. „In der Regel haben unverheiratete Partner als Eigentümer einer Gemeinschaftspraxis einen Vertrag, der alle Ansprüche regelt – etwas, das bei verheirateten Praxisbesitzern gerne fehlt“, so Experte Koch. Ansonsten gäbe es keine beson- deren Kompensationsansprüche, da Unverheiratete rechtlich nicht auf die nacheheliche Solidarität pochen könnten. Zum richtigen Zeitpunkt miteinander zu sprechen und Entscheidungen zu treffen, die bei einer Trennung gut für beide sind, ist der Rat, den Koch jedem Ehepaar geben würde. Insbesondere wenn sie wirtschaftlich eng in einer Gemeinschaftspraxis verbunden sind. Wenn es trotzdem zu einer schwierigen Scheidung kommt, kann aus seiner Er- fahrung eine Mediation hilfreich sein. Koch: „Ich war als Anwalt an der Scheidung eines Ehepaars beteiligt, die schon im 14. Gerichtsverfahren ver- handelt wurde. Wir sprechen da von einem Zeitraum von circa 3,5 Jahren, in denen die Ex-Partner vor Gericht miteinander gestritten haben über Themen von der Zukunft der Praxis über den Unterhalt bis hin zum Sorge- recht. Alle Seiten waren zermürbt. Am Ende wurden in einer gerichtsnahen Mediation an nur zwei Verhandlungs- tagen Lösungen für fast alle Probleme gefunden, mit denen beide leben konnten. Die Erleichterung war riesengroß.“ \ *Alle Personen und Situationen sind fiktiv. Fachliche Beratung: Uwe Koch, Fach- anwalt für Familienrecht, Hamburg, uwe-koch@mit-recht.de Ratgeber Scheidung Die Verbraucherzentrale Bundesverband erläutert in ihrem Ratgeber „Trennung und Scheidung – Ihre Rechte und finan- ziellen Ansprüche“ alle steuerlichen, ju- ristischen und finanziellen Regelungen rund um das Aus einer Ehe oder gleich- geschlechtlichen Partnerschaft. Neben dem formalen Ablauf einer Scheidung geht es auf 236 Seiten unter anderem um die Themen Trennungsjahr, Unterhalt und Haus. SUSANNE THEISEN Freie Journalistin 82 | PRAXIS

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