Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 04

zm 110, Nr. 4, 16.2.2020, (317) einer ausgeprägten, beidseitigen Elon- gation des Proc. coronoideus (Abbil- dung 2). Nebenbefundlich zeigten sich die vier Weisheitszähne retiniert. Wir empfahlen dem Patienten die Resektion des Proc. coronoideus beid- seits und führten den Eingriff in der Folge von intraoral durch – nach ein- gehender Aufklärung des Patienten und seiner Eltern. Die Resektate maßen beidseits eine Länge von deutlich über 3 cm (Abbildungen 3 und 4). Präoperativ führten wir zur exakten Eingriffsplanung eine Computertomo- grafie durch. Hier zeigte sich erneut die ausgeprägte Verlängerung der Fortsätze (Abbildung 5). Intraoperativ konnte beim Patienten nach beidseitiger Re- sektion bereits eine SKD von 44 mm erreicht werden (Abbildung 6). Die Weisheitszahnentfernung erfolgte nun problemlos. Das postoperativ angefer- tigte OPG zeigt die Resektionsflächen beidseits (Abbildung 7). Der Patient befindet sich aktuell in ambulanter Weiterbehandlung und aktiver Beübung seiner Mundöffnung. DISKUSSION Eine eingeschränkte Mundöffnung kann als Symptom auf eine Vielzahl von Erkrankungen zurückgeführt werden. Vor allem die schmerzhafte muskuläre Hyperaktivität und die anteriore Dis- kusverlagerung ohne Reposition, aller- dings auch seltenere Entitäten wie die Kiefergelenkarthrose oder -ankylose können ursächlich sein. Einige dieser Pathologien sprechen sehr gut auf kon- servative Therapieoptionen an. Nach Ausschluss dieser Ursachen sollten auch seltenere Erkrankungen in den Fokus rücken [Kim et al., 2012]. In der Vergangenheit zeigten größer angelegte Studien, dass ein verlängerter Proc. coronoideus in etwa 5 Prozent der Fälle ursächlich für eine persistente Mund- öffnungseinschränkung ist [Isberg et al., 1987]. Die Verlängerung kann ein- oder beidseitig auftreten. Die beidseitige Elongation tritt etwa viermal häufiger auf [Mulder et al., 2012]. Die Ursache für die pathologische Ver- änderung ist weiterhin nicht geklärt. Die meiste Unterstützung erfährt die Hypothese, dass die Verlängerung sekundär, bei deutlich erhöhtem Muskelzug des M. temporalis an der knöchernen Oberfläche des Proc. coro- noideus, entsteht. So führte umgekehrt die Resektion des Processus im Tiermodell zu deutlicher Athrophie des Fortsatzes im Verlauf [Galie et al., 2010]. Bei der Planung der Operation ist eine suffiziente Bildgebung unerlässlich. Das OPG sowie das dynamische OPG können bereits wichtige Informationen zu Länge und Form des Processus geben. Allerdings empfehlen wir zur genauen Darstellung von Länge, Breite, Struktur und Lage der anatomischen Nachbarstrukturen eine dreidimensio- nale Darstellung mittels CT oder DVT [Robiony et al., 2012]. Die dreidimen- sionale radiologische Diagnostik wird in der Regel vom MKG-Chirurgen bei entsprechendem Symptomkom- Abb. 3: Resektat der rechten Seite Abb. 4: Resektat der linken Seite Abb. 5: 3-D-Rekonstruktion der CT (Pfeil = Projektion des Processus coronoideus hinter dem Jochbogen), Aufnahme bei maximaler Mundöffnung und Anschlag des Processus am Jochbein DR. DR. VALENTIN WIEDEMEYER Universitätsklinikum Bonn, Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie Venusberg – Campus 1, Haus 11, 2. OG; 53127 Bonn Foto: privat DR. DR. ANDREAS SCHÖN Universitätsklinikum Bonn, Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie Venusberg – Campus 1, Haus 11, 2. OG, 53127 Bonn Foto: privat ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion ange- fordert werden. | 87

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