Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

zm 110, Nr. 10, 16.5.2020, (988) INTERVIEW MIT PD DR. JOHAN WÖLBER UND PD DR. TOBIAS FRETWURST Positive Resonanz von allen Seiten Irreversible Pulpitis, Zahnfrakturen, Füllungsverluste, Abszesse, Dentitio difficilis, Alveolitis sicca – das waren die Beschwerden, mit denen seit Ende März rund zwei Dutzend COVID-19-Patienten in die Freiburger Klinik-Ambulanz kamen. Trepanationen, Inzisionen, provisorische Füllungstherapien und große Dankbarkeit waren die Folge. Herr Dr. Wölber, Herr Dr. Fretwurst, Sie können auf gut fünf Wochen COVID-Ambulanz an der Uniklinik Freiburg zurückblicken. Wie sind Ihre Erfahrungen? PD Dr. Johan Wölber und PD Dr. Tobias Fretwurst: Durchgehend posi- tiv. Die COVID-Patienten sind sehr dankbar für die Einrichtung. Gleichzei- tig sind die „normalen“ Nicht-COVID- Patienten erfreut über die Maßnahmen zur Risikominimierung der Kreuzinfek- tion und über die zeitliche und räum- liche Trennung ihrer Behandlung von derjenigen der infizierten Patienten. Es gab durchweg eine hohe Solidarität von allen Mitarbeiterinnen und Mitar- beitern in der Zahnklinik und im Gesamtklinikum beim Einrichten und Betreiben der Ambulanz – von IT über Röntgen bis hin zur Verwaltung. Die frühe Etablierung der zahnärztlichen COVID-Ambulanz war auch Vorausset- zung für die jetzige stufenweise Wiederaufnahme der üblichen ambu- lanten Behandlung. Zudem gab es eine gute Resonanz der lokalen Zahnärzte- schaft auf die Möglichkeit, Patienten zu überweisen. Besonders erfreut hat uns ein Schreiben des Landessozialmi- nisters, in dem er sich persönlich beim Leitenden Ärztlichen Direktor des Uni- klinikums für die Einrichtung der CO- VID-Ambulanz bedankt hat, die auf Anfrage der Landeszahnärztekammer etabliert wurde. Welche Hürden gab es beim Auf- bau neuer Abläufe zu überwinden? Am Anfang herrschte noch Unklarheit über das Ausmaß und die Möglich- keiten der persönlichen Schutzaus- rüstung. Diese wurde dann in Zusam- menarbeit mit dem Institut für Infektionsprävention und Kranken- haushygiene am Universitätsklinikum Freiburg geklärt und adaptiert. Es wurde außerdem eine digitale Termin- planung eingerichtet und es erfolgte eine Optimierung des zahnärztlichen Röntgens (Etablierung eines neuen OPGs). Gleichzeitig wurden Innovatio- nen umgesetzt, wie das Drucken von Visieren mit 3-D-Druckern, was sogar in einer wissenschaftlichen Publikation mündete 1 . Was bleibt jetzt noch zu tun? Die Sicherstellung der adäquaten Schutzausrüstung ist eine Vorausset- zung für die Aufrechterhaltung des COVID-Ambulanzbetriebs. Zudem ist die Schaffung von weiterer Evidenz in Bezug auf die Effektivität der persönli- chen Schutzausrüstung für die zahn- ärztliche Behandlung notwendig. Bis dato ist eine klare Überlegenheit der FFP2-Masken für die zahnärztliche Therapie im Vergleich zum normalen Mund- und Nasenschutz unklar. Die entwickelten Konzepte und Vorausset- zungen sollten für zukünftige Pande- mien gesichert werden. \ Die Fragen stellte Marius Gießmann. Wesemann C, Pieralli S, Fretwurst T, Nold J, Nelson K, Schmelzeisen R, Hell- wig E, Spies BC: 3-D Printed Protective Equipment during COVID-19 Pandemic. Materials (Basel). 2020 Apr 24;13(8):E1997. doi: 10.3390/ma13081997. PMID: 32344688.) Fotos: Universitätsklinikum Freiburg Ein Mitarbeiter der COVID-Ambulanz mit voll- ständiger persönlicher Schutzausrüstung inklu- sive eines Schutzvisiers, das mit Teilen aus dem klinikeigenen 3-D-Drucker gebaut wurde. Der 3-D-Drucker Prusa i3 MK3 Foto: privat PD Dr. Johan Wölber, Klinik für Zahnerhaltungskunde & Parodontologie, Department für Zahn-, Mund-, Kieferheil- kunde, Universitätsklinikum Freiburg Foto: privat PD Dr. Tobias Fretwurst, Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie/Plastische Operationen, Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Universitätsklinikum Freiburg 26 | POLITIK

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