Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 1-2

zm 111, Nr. 01-02, 16.1.2021, (33) Mit dem Beschluss wird die systematische Behandlung von Parodontitis erstmals in einer eigenen Richtlinie geregelt. Die Inhalte setzen auf der aktuellen wissenschaftlichen Klassifikation der Fach- gesellschaften auf. Die Erkrankung wird jetzt mit einem umfassenden, am individuellen Bedarf ausgerichteten Maßnahmenprogramm bekämpft. KASSENZAHNÄRZTLICHE BUNDESVEREINIGUNG Parodontitis-Behandlung wird an den Stand der Wissenschaft angepasst Nach Jahren des Stillstands in der Parodontitis-Therapie können Patienten nun endlich nach dem aktuellen wissenschaftlichen Stand behandelt werden. Einen großen Stellenwert erhält die unterstützende Parodontitistherapie (UPT). D em Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) vom 17. Dezember 2020 gingen laut Kassenzahnärztlicher Bundesvereini- gung (KZBV) jahrelange fachliche Beratungen und Verhandlungen zwischen der KZBV und der Patienten- vertretung im G-BA voraus. Grundlage der Verhandlungen war ein Antrag auf Aktualisierung der systematischen Parodontitisbehandlung, den die Patientenvertretung bereits im Jahr 2013 gestellt hatte. „Diese Entscheidung ist ein versor- gungspolitischer Meilenstein auf dem Weg zu einer weiteren Verbesserung der Mundgesundheit, für den sich die Zahnärzteschaft viele Jahre lang gegen große Widerstände der Kassen einge- setzt hat“, verdeutlichte der KZBV-Vor- sitzende Dr. Wolfgang Eßer. „Mit den bislang im Katalog der gesetzlichen Krankenversicherung verankerten Leistungen war eine nachhaltige Ver- sorgung der Patienten nicht mehr möglich“, stellte er fest. „Die entsprechende Behandlungs- Richtlinie war völlig veraltet und berücksichtigte längst nicht mehr den Erkenntnisstand der wissenschaft- lichen Forschung. Insbesondere das Fehlen einer strukturierten Nachsorge zur nachhaltigen Sicherung des the- rapeutisch erzielten Behandlungs- erfolgs stellte ein großes Manko in der Behandlungsstrecke dar.“ „EIN MEILENSTEIN“ Eßer: „Die nach wie vor hohe Paro- dontitislast in Deutschland zu senken, ist ein wichtiges Ziel unseres zahn- medizinischen Versorgungskonzepts.“ Zu Recht werde die Parodontitis als große Volkskrankheit bezeichnet, an der immer noch jeder zweite Erwachsene hierzulande leidet. Un- behandelt habe sie nicht nur schwer- wiegende Folgen für die Mundgesund- heit, sondern stehe auch in direktem Zusammenhang mit anderen chro- nischen Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und vielen weiteren Leiden. „Ich bin zuversicht- lich, dass wir auf Basis der heutigen Entscheidung im G-BA schon bald deutliche Fortschritte im Kampf gegen die Parodontitis werden vorweisen können“, sagte Eßer. ck/pm Der Beschluss wird dem Bundesgesund- heitsministerium zur rechtlichen Prüfung vorgelegt und tritt im Fall der Nicht- beanstandung zum 1. Juli 2021 in Kraft. DIE NEUE BEHANDLUNGSSTRECKE 1. Versicherte erhalten künftig im Zusammenhang mit der eigentlichen Behandlung eine patientenindividuelle Mundhygieneunterweisung. Dazu wird als eigener Therapieschritt ein parodontologisches Aufklärungs- und Therapiegespräch verankert, um das Verständnis über die Auswirkungen der Erkrankung zu schaffen und die Mitwirkung der Versicherten zu stärken. Damit findet die „sprechende Zahnmedizin“ erstmals Eingang in die Versorgung. Beide Maßnahmen dienen dazu, die eigene Mundhygiene- fähigkeit und Gesundheitskompetenz zu erhöhen. 2. Einen bedeutenden Stellenwert hat in der neuen Behandlungsstrecke die unterstützende Parodontitistherapie (UPT). Versicherte können, ausgerichtet am individuellen Bedarf, künftig zwei Jahre nach Abschluss der aktiven Behandlungsphase eine strukturierte Nachsorge in Anspruch nehmen, um den Behandlungserfolg zu sichern. 3. Die Nachsorge kann – so die Voraus- setzungen aus vertragszahnärztlicher Sicht vorliegen und eine Genehmigung der Krankenkasse erfolgt – darüber hinaus um in der Regel sechs Monate verlängert werden. Die Frequenz der UPT wird bedarfsgerecht an das individuelle Patientenrisiko angepasst. Damit wird eine entscheidende Lücke in der bisherigen parodontologischen Versorgung in Deutschland geschlos- sen. Insbesondere Risikogruppen profitieren von dem engmaschigen Nachsorgekonzept. Foto: Adobe Stock_hidez POLITIK | 35

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