Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 1-2

zm 111, Nr. 01-02, 16.1.2021, (62) DIE ZM-KOLUMNE RUND UM DIE RELEVANTEN PRAXISFRAGEN § 616 BGB: Nachträglicher Ausschluss ist problematisch D iese Frage entfaltet aktuell in der Corona-Pandemie sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber große Relevanz. In der Regel gehen hier Arbeitgeber aufgrund von mangelhafter Aufklärung von einer zweifelhaften „Heilung“ ver- meintlicher Fehler im Angestellten- vertrag aus. DIE RECHTSGRUNDLAGE Der Arbeitnehmer wird durch das deutsche Rechtssystem grundsätzlich vor Lohnausfall geschützt, wenn er seine Arbeit kurzzeitig nicht mehr er- bringen kann. Dabei muss man ver- schiedene Varianten unterscheiden: Für den unverschuldeten Krankheits- fall des Arbeitnehmers, also auch bei einer Corona-Infektion, sieht § 3 Abs. 1 S. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz vor: „Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfort- zahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeits- unfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen.“ Dieser Anspruch des Arbeit- nehmers ist gemäß § 12 Entgeltfort- zahlungsgesetz nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abdingbar. Zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber kann also keine vertragliche Vereinbarung geschlossen werden, die diesen An- spruch aufheben könnte. Wird der Arbeitnehmer hingegen durch das Gesundheitsamt in Qua- rantäne geschickt, etwa aufgrund des Kontakts zu einem Corona-Infizierten oder zu einem Corona-Verdachtsfall, hilft das Entgeltfortzahlungsgesetz dem Arbeitnehmer nicht. Denn es liegt kein Krankheitsfall vor, der den Arbeit- nehmer davon abhält, seine Arbeits- leistung zu erbringen. Diese Verhin- derung resultiert vielmehr aus einer behördlichen Anordnung. Hier hilft dem Arbeitnehmer jedoch § 616 S. 1 BGB weiter, der regelt, dass „der zur Dienstleistung Verpflichtete nicht des Anspruchs auf die Vergütung dadurch verlustig wird, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person lie- genden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird“. Foto: AdobeStock_iiierlok_xolms Sehr geehrter Herr Henrici, unser Chef möchte, dass wir einen Nachtrag zum Arbeitsvertrag unterzeichnen, in dem § 616 BGB ausgeschlossen wird. Ist das nicht für mich als angestellter Zahnarzt eindeutig ein Nachteil? 64 | PRAXIS

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