Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 3

zm 111, Nr. 3, 1.2.2021, (141) Grundlegend sollte bei der Entschei- dung gegen eine Periimplantitisthera- pie und für eine Explantation bedacht werden, dass eine erneute Implantat- versorgung mit zahlreichen sehr komplexen Augmentationsverfahren (Hart- und Weichgewebe) in Verbin- dung stehen kann. Zudem geben Metaanalysen Hinweise darauf, dass die Implantatüberlebensraten in der sogenannten zweiten Therapierunde deutlich abnehmen [Oh et al., 2020]. Eine Explantation sollte jedoch in je- dem Fall bei vorliegender Implantat- lockerung, nicht behebbaren tech- nischen Komplikationen, komplexen Implantatdesigns (zum Beispiel Hohlzylinder), Therapieresistenz oder Übergreifen der Infektion auf anato- mische Nachbarstrukturen erfolgen (Abbildung 6). AUSBLICK Aktuelle immunhistochemische Ana- lysen fokussieren auf die Polarisation von Makrophagen und deren poten- zielle Relevanz in der Pathogenese periimplantärer Infektionen [Fret- wurst et al., 2019; Galarraga-Vinueza et al., 2020]. Deren Aktivierung durch bakterielle Lipopolysaccharide oder Interferone führt zum prozentualen Anstieg des sogenannten M1-Phäno- typen, der pro-inflammatorische Re- aktionen und somit Interleukin(IL)-6 und IL-1 β assoziierte, destruktive Reaktionen im Gewebe verursacht. Demgegenüber steht der sogenannte konstruktive M2-Phänotyp, der über die Produktion von IL-10 und TGF(transforming growth factor)- β vornehmlich anti-inflammatorische Reaktionen verursacht und somit den Gewebeaufbau und die Angiogenese fördert [Garlet and Giannobile, 2018]. Der Schweregrad der Peri- implantitis korrelierte in humanen Gewebeproben direkt mit dem pro- zentualen Anteil von M1-Makropha- gen [Galarraga-Vinueza et al., 2020] (Abbildung 7). Neue immunmodulierende Therapie- ansätze verfolgen einen direkten Ein- fluss auf die Polarisation von Makro- phagen. Sehr vielversprechende Daten existieren bereits zum Einsatz von natürlichen Cranberry(Vaccinium macrocarpon)-Extrakten (Proantocya- nidins), die neben inhibitorischen Effekten auf die Biofilmädhäsion ins- besondere eine hohe Potenz als anti- inflammatorische Makrophagen- Modulatoren aufweisen [Galarraga- Vinueza et al., 2020]. Durch deren topische Applikation soll künftig eine „natürlich basierte“, minimal-invasive immunmodulierende Therapie peri- implantärer Infektionen ermöglicht werden. \ Abb. 6a: Fortgeschrittene Periimplantitis im Oberkiefer links, die zu einer Eröffnung und Affektion des Sinus maxillaris führte: Das Vorliegen einer Mund-Antrum-Verbindung sollte vor Therapiebeginn geprüft werden. Abb. 6b: In solchen Fällen ist eine Explantation unvermeidbar. Alle Fotos: Frank Schwarz Abb. 7: Immunhistochemische Darstellung von proinflammatorischen, „destruktiven“ M1-Makrophagen in einer humanen Gewebeprobe (Periimplantitis) DR. MED. DENT. KARINA OBREJA Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie und Implantologie, Fachbereich Medizin Goethe-Universität Frankfurt, Zentrum der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Carolinum Zahnärztliches Universitäts- Institut gGmbH Theodor-Stern-Kai 7, Haus 29, 60596 Frankfurt am Main Foto: privat ZAHNMEDIZIN | 23

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