Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 3

zm 111, Nr. 3, 1.2.2021, (173) rialien zu bedenken sowie deren Vor- und Nachteile gegeneinander abzu- wägen. Insbesondere bei komplexen Knochendefekten geraten rein osteo- konduktive Materialen häufig an ihre Grenzen. Andererseits ist insbeson- dere enoral gewonnener autologer Knochen nicht in beliebiger Menge verfügbar. Bei ausgedehnten Knochen- defekten wird daher häufig auf extra- orale Spenderregionen wie Becken- kammtransplantate zurückgegriffen. Im vorliegenden Fall wurde durch die gezielte Kombination von enoral ge- wonnenen Knochenblöcken, auto- logem partikuliertem Knochen und einem xenogenen Knochenersatz- material eine extraorale Knochen- entnahme erfolgreich vermieden. KASUISTIK Eine 61-jährige Patientin stellte sich im Februar 2018 aufgrund einer horizontalen Fraktur an Zahn 15 in der oralchirurgischen Abteilung der Akademie für Zahnärztliche Fort- bildung Karlsruhe auf Überweisung ihres Hauszahnarztes vor. Die Allgemeinanamnese der Patientin ergab das Vorliegen einer Hypotonie. Eine Medikamenteneinnahme oder das Vorliegen von Allergien wurden verneint. Wunsch der Patientin war eine festsitzende Neuversorgung im Oberkiefer. Ein herausnehmbarer de- finitiver Zahnersatz sollte – wenn möglich – vermieden werden. Die Patientin hatte schon fünf Jahre zu- vor einen implantologischen Eingriff in der Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe durchführen lassen. Die klinische Befunderhebung ergab in Bezug auf die Brücke regio 13–22 einen Lockerungsgrad I. Die Zähne 13, 14 und 37 wiesen je am Kronen- rand eine tief subgingivale Sekundär- karies auf. Die Sensibilitätsprobe war an allen Zähnen im Oberkiefer nega- tiv. Der implantatgetragene Zahn- ersatz in regio 23–26 war unauffällig. Es zeigte sich eine hohe Lachlinie sowie ein durch den eingetretenen Attachmentverlust ungünstiges Kronen-Wurzel-Verhältnis im Sinne langer klinischer Kronen. In der Panoramaschichtaufnahme (Abbildung 1) zeigte sich zusätzlich eine insuffiziente Wurzelkanal- behandlung am Zahn 16 mit einer Obliteration der nicht gefüllten buccalen Kanäle. An den Zähnen 11 und – insbesondere – 22 war ein Attachmentverlust sichtbar. Zur bes- seren Beurteilbarkeit der vorliegen- den Knochensituation wurde eine digitale Volumentomografie angefer- tigt. In dieser zeigten sich horizontale Knochendefekte regio 15–22 sowie ein vertikales Knochendefizit in regio 16 (Abbildung 2). Aus den vorliegenden Befunden er- gaben sich für den Oberkiefer folgende Diagnosen: \ nicht erhaltungswürdige Zähne 16, 15, 14, 13 und 22 \ Attachmentverlust am Zahn 11 \ Insuffizientes Knochenlager regio 16–22 Folgende Behandlungsoptionen stan- den zur Verfügung: 1. konventioneller herausnehmbarer Zahnersatz DR. CHRISTOPHER PRECHTL Akademie für Zahnärztliche Fortbildung Karlsruhe Lorenzstr. 7, 76135 Karlsruhe und Zentrum für Implantologie und Oralchirurgie Heidelberg Berliner Str. 41, 69120 Heidelberg Foto: Markus Lehr Abb. 3: Intraoperative Ansicht bei der Augmentation in regio 15 bis 22: Deutlich erkennbar ist der ausgeprägt atrophierte Kieferkamm. Palatinal und vestibulär wurden Knochenschalen eingebracht und mittels Osteosyntheseschrauben fixiert. ZAHNMEDIZIN | 55

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