Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 5

zm 111, Nr. 5, 1.3.2021, (344) Das Oberlandesgericht München ist der Auffassung, dass die (frühere) Gestaltung des Bewertungsportals jameda in Teilen unzulässig ist. Ärzte, Zahnärzte und Angehörige anderer Heilberufe müssen es nicht hinnehmen, dass jameda unge- wollt „Basis“-Profile anlegt, solange zahlenden Kunden in dem Portal bestimmte Vorteile verschafft werden (Urteile vom 19.01.2021, 18 U 7246/19 Pre und 18 U 7243/19 Pre). Das Internet ist zu einem wichtigen Hilfsmittel bei der Arzt- suche geworden, die Nutzerzahlen bei jameda gehen in die Millionen. Häufig ist die Bewertungsplattform auch der erste Treffer in der Suchmaschine, noch vor der eigenen Homepage eines Arztes. jameda legt seit Jahren nicht nur für seine zahlenden Kunden, sondern – ungefragt – auch für andere Ärzte Profilseiten an, auf denen Informationen zur Fachrichtung und zur Praxis verzeichnet werden und Patienten Bewertungen abgeben können. Die Profile sehen dann allerdings sehr unterschiedlich aus. Während zahlende Kunden ihre Darstellung mit Texten, Bildern, Interviews oder Videos ansprechend gestalten kön- nen, bleibt das Profil eines zahlenden Kunden an vielen Stellen leer und wenig aussagekräftig. Besonders auffällig: das Fehlen eines Profilbildes bei Basis-Kunden. Bis zum „Relaunch“ der Seite im Jahr 2019 waren die leeren Felder dazu noch mit geradezu abwertenden Hinweisen versehen, wie zum Beispiel „Dieser Arzt hat leider noch kein Porträt hinterlegt“. Man könnte meinen, ein solcher Arzt habe ein- fach kein Interesse an den Nutzern des Portals. Dabei ist es nicht etwa möglich, einzelne Elemente frei- schalten zu lassen, sondern der Arzt muss sich – will er nicht mit einem blassen Eintrag gegen die zahlenden Kunden ab- fallen – für ein „Premium-Paket“ entscheiden und damit im Jahr zwischen circa 820 und 1.660 Euro ausgeben, um die „Leerstellen“ ausfüllen zu dürfen. Das ist für manchen ein nicht unbeachtlicher Kostenfaktor, zumal man in der Regel zusätzlich noch eine eigene Praxishomepage erstellen und pflegen lassen muss. Für die Zulässigkeit der Datennutzung beruft sich jameda auf ein öffentliches Interesse an einer vollständigen Ärzte- liste im Internet, die zu mehr Transparenz führe und nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2014 (Urteil vom 23.9.2014, VI ZR 358/13) auch grundsätz- lich zulässig sei. Zur Ungleichbehandlung zwischen zahlenden Kunden und anderen Ärzten hatte sich der BGH damals allerdings nicht geäußert. Das kam erst in einer weiteren Entscheidung vor dem BGH im Jahr 2018 (Urteil vom 20.02.2018, VI ZR 30/17). Eine Kölner Hautärztin hatte sich gegen die „Zwangslistung“ gewehrt und Recht bekommen, weil der BGH die datenschutzrechtliche Interessenabwägung zu ihren Gunsten ausfallen ließ. Der Portalbetreiber verhalte sich nicht mehr neutral, sondern bevorzuge seine zahlen- den Kunden, ohne dies ausreichend offenzulegen. Daher müsse die Ärztin die ungewollte Nutzung ihrer Daten nicht akzeptieren und das Profil gelöscht werden. In der Folge zu dieser Entscheidung entfernte jameda allerdings das vom BGH besonders ins Visier genommene „Werbebanner“ und behielt die „Basis“-Profile bei. Dagegen richtete sich die im Jahr 2018 eingereichte Klage zweier Orthopäden, die von jameda unter Berufung auf die BGH-Entscheidung erfolglos die Löschung ihrer Profile ver- langt hatten. Aus ihrer Sicht ist die ungefragte Daten- nutzung unzulässig, da es weiterhin eine Vielzahl von anderen „verdeckten Vorteilen“ im Sinne der BGH-Recht- sprechung für zahlende Kunden gab. Konkret beanstan- deten die beiden Ärzte 21 Gestaltungselemente, wie zum Beispiel die Hinweise auf andere Ärzte oder auf „Fachartikel“ in den „Basis“-Profilen. In der ersten Instanz konnten die Kläger zwar bereits einen datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch durchsetzen, allerdings nur bezogen auf eines der „Features“, nämlich den Hinweis auf sogenannte Fachartikel von zahlenden „Ein bedeutender Schritt zur Sicherstellung der Transparenz“ KOMMENTAR VON RECHTSANWÄLTIN DR. FRAUKE SCHMID-PETERSEN ZU JAMEDA Die Prozesse gegen jameda in den vergangenen Jahren sind Legion. Allgemein geht es dabei immer darum, ob das Portal ein neutraler Informationsvermittler ist oder ob es seinen Premiumkunden heimlich Vorteile gewährt. Die Kölner Rechtsanwältin Dr. Frauke Schmid-Petersen ordnet die aktuellen Urteile in den Konnex der bisherigen Rechtsprechung. 10 | POLITIK

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