Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 6

zm 111, Nr. 6, 16.3.2021, (496) nikations- und Aufklärungsansätze zu erreichen [Sanz und Meyle, 2010; Carra et al., 2020]. Sind psychologische Ansätze für die Patientenmotivation zur Ver- besserung der Adhärenz bei häuslicher Mundhygiene effektiv? Jeder psychologische Therapieansatz setzt ein spezielles Training voraus, um effektiv durchgeführt werden zu können. Dies könnte eine Erklärung sein, warum mit der vorhandenen Evidenz nicht gezeigt werden kann, dass bestimmte psychologische, auf kognitiven Theorien, Verhaltensprin- zipien und der motivierenden Ge- sprächsführung (Motivational Inter- viewing, MI) basierende Interventio- nen die Mundhygiene der Patienten, gemessen an Biofilmreduktion und Blutungsindizes, im Laufe der Zeit verbessern [Carra et al., 2020]. Insge- samt ist nur geringe Evidenz vorhan- den und weiterer Forschungsbedarf ist erforderlich, um valide Aussagen treffen zu können. 2. INTERVENTION: PROFESSIONELLE MECHANISCHE PLAQUEREDUKTION (PMPR) Wie ist die Effektivität von professioneller mechanischer Plaquereduktion und der Reduktion von Reizfaktoren in der Parodontaltherapie? Die Entfernung von supragingivalem dentalem Biofilm und kalzifizierten Ablagerungen (Zahnstein), die inter- national als professionelle mecha- nische Plaquereduktion (PMPR) be- zeichnet wird, gilt als wesentliche Komponente der primären [Chapple et al., 2018] und sekundären [Sanz et al., 2015] Prävention der Parodontitis sowie der Therapie von biofilm- induzierten Parodontopathien [van der Weijden und Slot, 2011]. Da das Vorhandensein von plaqueretentiven Faktoren (Reizfaktoren) – entweder aufgrund der Zahnanatomie oder häufiger durch insuffiziente Restaura- tionsränder – oftmals mit gingivaler Entzündung und/oder parodontalem Verlust an klinischem Attachment- level (CAL) assoziiert ist, sollen diese Reizfaktoren vermieden oder entfernt werden, um deren Einfluss auf die Gesundheit des Parodonts zu mini- mieren [Needleman et al., 2015; Trombelli et al., 2015] Eine randomisierte Studie mit einer Dauer von 140 Tagen bei 25 Teilneh- mern zeigte, dass eine der subgingiva- len Instrumentierung vorangehende supragingivale Reinigung den sub- gingivalen Therapiebedarf reduziert und die parodontale Langzeitstabilität verbessert [Gomes et al., 2014]. Zu- sätzlich induzierte eine supragingivale Reinigung im subgingivalen Mikro- biom [Ximenez-Fyvie et al., 2000], ein Verteilungsmuster, das dem ge- sunder Kontrollpersonen entsprach. Darüber hinaus wurde immer wieder festgestellt, dass retentive Faktoren (Reizfaktoren) das Risiko der Pro- gression einer Parodontitis erhöhen [Broadbent et al., 2006; Demarco et al., 2013; Lang et al., 1983]. 3. INTERVENTION: KONTROLLE VON RISIKOFAKTOREN Wie effektiv ist die Kontrolle von Risikofaktoren in der Parodontaltherapie? Sowohl Rauchen als auch Diabetes sind zwei nachgewiesene Risiko- faktoren für Parodontitis [Papapanou et al., 2018; Jepsen et al., 2018]. Deren Kontrolle soll daher integraler Bestandteil bei der Behandlung von Parodontitispatienten sein. Interventio- nen zur Kontrolle von Risikofaktoren zielen auf Aufklärung und Beratung von Patienten, um eine Verhaltens- änderung zu bewirken, die zu einer Reduktion der Risikofaktoren bei- trägt. In einigen Fällen ist dazu eine angemessene allgemeinmedizinische Therapie erforderlich. Andere rele- vante Faktoren, die mit einem gesun- den Lebensstil assoziiert sind (Stress- reduktion, Ernährungsberatung, Ge- wichtsreduktion oder erhöhte kör- perliche Aktivität), können ebenso Bestandteil der Gesamtstrategie zur Minimierung von Risikofaktoren sein, jedoch ist für eine evidenzbasierte Empfehlung weitere Forschung erfor- derlich. Neben dem Nutzen in der Parodontaltherapie zeigen alle Inter- ventionen positive Auswirkungen auf die Allgemeingesundheit. Somit stehen zusätzliche Kosten im Zusam- menhang mit der psychologischen Intervention im Fall des Erfolgs gerin- geren Kosten für die Gesundheitsver- sorgung bei verschiedenen Komorbi- ditäten gegenüber. PROFESSIONELLE MECHANISCHE PLAQUEREDUKTION (PMPR) Konsensusbasierte Empfehlung (1.4): Professionelle mechanische Plaquereduktion (PMPR) und die Reduktion retentiver Faktoren (Reizfaktoren) sollen Teil der ersten Therapiestufe der Parodont- altherapie sein. Konsensstärke: einstimmiger Konsens Quelle: Leitlinie, [DG PARO/DGZMK, 2021] Empfehlungs- grad Foto: Sonja Sälzer Abb. 2: Durch die Anfärbung der Plaque (hier mit gelblichem, unter der Polymerisationslampe fluoreszierendem Indikator) können Defizite sichtbar gemacht und dementsprechend individuelle Verbesserungsmöglichkeiten aufgezeigt und trainiert werden. 50 | ZAHNMEDIZIN

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