Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 9

zm 111, Nr. 9, 1.5.2021, (804) Entweichen von Luft. Dies ist zum Beispiel am Beschlagen der Schutz- brille zu erkennen. Da FFP- bezie- hungsweise KN95-Masken nicht auf den Fremdschutz hin geprüft werden, bleibt es nach wie vor spekulativ, ob sie einen besseren Schutz für den Patienten vor einer möglichen Infek- tion des Zahnarztes bieten als ein chi- rurgischer MNS. In einer Studie von Bharatendu et al. zeigten sich zudem bei langer Trage- dauer von FFP-2-Masken durch Mit- arbeiter im Gesundheitswesen Ver- änderungen in der zerebralen Hämo- dynamik, die mitunter von Kopf- schmerzen oder Migräne begleitet wurden [Bharatendu et al., 2020]. MEDIZINISCHE GESICHTSMASKEN / CHIRURGISCHER MUND-NASEN- SCHUTZ (MNS) Medizinische Gesichtsmasken wur- den für den Fremdschutz entwickelt und schützen das Gegenüber vor ab- gegebenen infektiösen Tröpfchen des Maskenträgers. Der dichte Sitz von medizinischen Gesichtsmasken wird nach der europäischen Norm EN 14683:2019–10 nicht geprüft. Durch die Form der Gesichtsmasken strömt ein Teil der Atemluft bei In- und Exspiration an den Maskenrändern vorbei. Medizinische Gesichtsmasken gelten, anders als FFP- und KN95- Masken als nicht „belastend“ im Sinne der Arbeitsmedizinischen Regel (AMR) 14.2, Tragezeitbegrenzungen werden deshalb im Arbeitsschutz- Regelwerk nicht festgelegt. Ein Selbstschutz durch einen MNS ist anzunehmen. Das Filtermaterial wird nach dem Medizinproduktegesetz und dem Normentwurf prEN 14683 bezüglich seiner Filterwirkung auf Viren, Bakterien und Pilze getestet [prEN 14683]. Belastbare Aussagen zur notwendigen Schutzwirkung von Gesichtsmasken bei definierten Infek- tionskrankheiten können nur durch epidemiologische Untersuchungen erbracht werden. Gesichtsmasken aus Baumwolle schützten 1918 Soldaten in der Mandschurei ausreichend vor pandemisch auftretender Influenza [DGKH, 2020]. Im Rahmen des Auf- tretens von SARS-Infektionen konnte in epidemiologischen Studien zu de- ren Ätiologie und Transmission ge- zeigt werden, dass sowohl MNS wie auch Atemschutzmasken gleicher- maßen in der Lage waren, Ärzte und Pflegepersonal vor den das Krank- heitsbild SARS (Severe Acute Respira- tory Syndrome) erzeugenden Corona- viren zu schützen, wenn auch bei Verwendung beider Masken Viren- transmissionen nicht vollständig unterbunden wurden [Loeb et al., 2004; Seto et al., 2003]. Der Abscheidegrad von Gesichts- masken wird zusätzlich von der soge- nannten Anströmgeschwindigkeit be- einflusst, also von der Geschwindig- keit, mit der ein Partikel auf die Ober- fläche der Gesichtsmaske trifft [Peric et al., 2020]. Die Anströmgeschwin- digkeit ist beispielsweise höher, wenn der Maskenträger von seinem Gegen- über angeniest wird oder dieser singt oder hustet. ZUR SCHUTZWIRKUNG VON MNS UND KN95-MASKEN Die Auswahl der für die jeweilige Situation zu verwendenden Schutz- masken wird von mehreren Faktoren bestimmt. Grundlegende Vorgaben werden im Rahmen der aktuellen Pandemielage durch die Bundeslän- der formuliert. Weitere, auch darüber hinausgehende Forderungen durch nationale Institutionen sollten unbe- dingt beachtet werden. Die Zahn- mediziner tragen Verantwortung für den Schutz der Patienten, des Per- sonals und schließlich auch für den Eigenschutz. Die Schutzmaske ist dabei Teil der persönlichen Schutz- bekleidung und diese wiederum Teil des umfassenden Schutzkonzepts, das weitere Maßnahmen wie beispiels- weise Absaugung, Lüftung und Zu- gangskontrolle beinhaltet. Im Rahmen der belassenen Entschei- dungsoptionen kann die Frage auf- tauchen, welche Schutzwirkung der Mund-Nasen-Schutz aufweisen muss. Eine höhere Schutzklasse im Ver- gleich zur chirurgischen Mund-Nasen- Schutzmaske, wie sie zum Beispiel KN95-Masken bietet, erhöht die auf- zuwendende Atemarbeit und führt über längere Tragezeiten zu einer nachweisbaren Hyperkapnie (erhöh- ter CO 2 -Gehalt im Blut) [Law et al., 2021; Bharatendu et al., 2020]. Durch das Tragen eines Visiers können von den Übertragungsvehikeln der Kurz- strecke [Chen et al., 2020; Chu et al., 2020] die Spritzer und die Tröpfchen von der Maske ferngehalten werden. Es treffen jedoch Aerosole auf den unmittelbaren Mund-Nasen-Schutz auf, die durch die Inspiration am Gesichtsschutz vorbeigeleitet werden können. Direkte und indirekte kon- taktgebundene Übertragungswege [Chen et al., 2020] sollten durch Des- infektion und Greifdisziplin kontrol- liert werden. DR. KAI VOSS Vizepräsident der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein und Mitglied im Ausschuss „Praxisführung“ der Bundeszahnärztekammer Praxisanschrift: Am Alten Bahnhof 1, 24245 Kirchbarkau Foto: BZÄK DR. DR. MARKUS TRÖLTZSCH Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Ansbach Dr. Dr. Tröltzsch Maximilianstr. 5, 91522 Ansbach Foto: Luise Mortag UNIV.-PROF. DR. MED. DR. MED. DENT. BILAL AL-NAWAS Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichts- chirurgie – plastische Operationen, Universitätsmedizin der Johannes- Gutenberg Universität Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: Universitätsmedizin Mainz 38 | ZAHNMEDIZIN

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