Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 9

zm 111, Nr. 9, 1.5.2021, (811) Bewertungskriterien für eine einheit- liche, verständliche und im Familien- alltag praktikable Empfehlung formu- liert wurden. Damit liegen nun ge- meinsam entwickelte Empfehlungen zur Kariesprävention im Säuglings- und im frühen Kindesalter vor (Ab- bildung 2 und Tabelle 1). Initial kön- nen Vitamin-D-Tabletten mit Fluorid genutzt werden. Mit dem Zahndurch- bruch soll das regelmäßige Zähne- putzen etabliert und spätestens mit dem ersten Geburtstag eine reiskorn- große Zahnpastamenge mit 1.000 ppm Fluoridgehalt zweimal täglich einge- bürstet werden, ab dem zweiten Ge- burtstag dann eine erbsengroße Menge. Tabelle 1 gibt den zentralen Teil der Empfehlungen im Wortlaut wieder [Netzwerk Gesund ins Leben, 2021]. ÜBERDOSIERUNG WEGEN FLUOROSERISIKO VERMEIDEN Fluoride gelten als ein Schlüsselfaktor der Kariesprävention, aber insbeson- dere bei kleinen Kindern sind Über- dosierungen wegen der Gefahr einer Dentalfluorose in den bleibenden Zähnen zu vermeiden [Creeth et al., 2013]. Um eine Balance zwischen Wirksamkeit und Sicherheit zu fin- den, wurde das von der European Food Safety Authority (EFSA) fest- gelegte Tolerable Upper Intake Level für Fluorid mit einem Wert von 0,1 mg/kg Körpergewicht/Tag berück- sichtigt [EFSA, 2013]. Als optimale Dosis (hoher kariespräventiver Effekt und geringes Fluoroserisiko) sieht sie 0,05 mg/kg Körpergewicht/Tag an [Mejare, 2018]. Bei den Berechnungen wurden die Fluoridaufnahmen über die Nahrung – einschließlich Trinkwasser, Tablet- ten, Salz – und das Verschlucken von Zahnpaste berücksichtigt, um die to- lerierbare Tageshöchstmenge nicht zu überschreiten – selbst unter Einbezug des zusätzlichen Zähneputzens in der Gruppenprophylaxe. Grundsätzlich sollten Speisen im Säuglingsalter ohnehin nicht gesalzen werden, im Kleinkindalter in nur sehr geringem Maß. Bei einem Trinkwasserfluorid- gehalt über 0,7 mg/l und mehr soll weiterhin kein fluoridiertes Speisesalz verwendet werden [DGE, 2018; SCCNFP, 2003; Strittholm et al., 2016]. ALLE FAMILIEN ERREICHEN UND BEFÄHIGEN Um das gravierende Problem der frühkindlichen Karies zu lösen, müs- sen alle vorhandenen medizinischen Versorgungssysteme einbezogen und Konzepte umgesetzt werden, damit möglichst alle Familien mit Kindern im Säuglings-, Kleinkind- und Vor- schulalter zur Kariesprophylaxe infor- miert und motiviert werden können, insbesondere auch Familien mit Benachteiligungen. Die neu eingeführten Leistungen der zahnärztlichen Früherkennungs- untersuchungen (FU), praktischen Mundhygieneunterweisungen (FUPr) und Fluoridlackapplikationen (FLA) bieten ein umfassendes Präventions- konzept, das in dem kostenfrei ver- fügbaren praktischen Ratgeber „Früh- kindliche Karies vermeiden“ (Abbil- dung 3) für die zahnärztliche Praxis erläutert wird. Zusammen mit der Aufklärung und dem Verweissystem über die Pädiater und Hebammen sowie der Gruppen- prophylaxe könnte es gelingen, alle Bevölkerungsgruppen zu erreichen. \ Die Handlungsempfehlungen Karies- prävention im Säuglings- und im frühen Kindesalter gibt es kostenlos zum Bestellen oder Herunterladen unter: www.ble-medienservice.de (Bestell-Nr. 0250). ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion ange- fordert werden. Quelle: KZBV Abb. 3: Der Ratgeber von Bundeszahnärzte- kammer und Kassenzahnärztlicher Bundes- vereinigung zur Prävention von frühkindlicher Karies ist online frei verfügbar unter https://www.kzbv.de/fruehkindliche-karies- vermeiden.1030.de.html. Am Konsens beteiligte Autor/Inn/en und Fachgruppen \ Bettina Berg, Deutsche Arbeitsgemein- schaft für Jugendzahnpflege (DAJ) \ Monika Cremer, Netzwerk Gesund ins Leben \ Maria Flothkötter, Netzwerk Gesund ins Leben / Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) in der Bundesanstalt für Landwirt- schaft und Ernährung (BLE) \ Berthold Koletzko, Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (DGKJ) \ Norbert Krämer, Deutsche Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde (DGKiZ) \ Michael Krawinkel, Deutsche Gesell- schaft für Ernährung (DGE) \ Burkhard Lawrenz, Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Ausschuss Prävention \ Hildegard Przyrembel, Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) \ Ulrich Schiffner, Deutsche Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde (DGKiZ) \ Christian Splieth, Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) \ Klaus Vetter (Berlin) \ Anke Weißenborn, Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ZAHNMEDIZIN | 45

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