Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 9

zm 111, Nr. 9, 1.5.2021, (812) EUROPATAG DER BUNDESZAHNÄRZTEKAMMER Brauchen wir mehr Europa im Gesundheitswesen? Sollte die Europäische Union mehr Kompetenzen im Gesundheitsbereich erhalten? Wie kann sie ihre Reaktionsfähigkeit in Krisenzeiten stärken? Experten sahen auf dem Europatag der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) noch viel Diskussionsbedarf. W ir müssen die notwendigen Lehren aus der Pandemie ziehen“, forderte BZÄK- Präsident Dr. Peter Engel auf dem 16. BZÄK-Europatag am 14. April, der krisenbedingt online ablief. „Die Erfahrungen der Pandemie haben gezeigt, dass hier Nachholbedarf besteht. Als Zahnärzte haben wir den Mangel an persönlicher Schutz- ausrüstung zu Beginn der Pandemie leider noch zu gut in Erinnerung.“ Allerdings warnte Engel angesichts höchst unterschiedlicher Gesund- heitssysteme davor, voreilig mehr gesundheitspolitische Kompetenzen auf die europäische Ebene übertragen zu wollen. Er rief die EU-Mitgliedstaa- ten dazu auf, hierüber eine vertiefte Diskussion zu führen. „Nicht alles, was auf den ersten Blick wünschens- wert erscheint, ist machbar“, sagte er. „Vergessen wir nicht, dass die Ge- sundheitssysteme der EU-Mitglied- staaten höchst unterschiedlich orga- nisiert sind.“ WAS GENAU GEHT BESSER GEMEINSAM? Aktuell häufen sich die politischen Forderungen nach mehr gemeinsa- mer europäischer Gesundheitspolitik. Deshalb diskutierten die BZÄK-Ver- treter auf der Veranstaltung mit Ab- geordneten des Europäischen Parla- ments und des Deutschen Bundes- tages, mit Vertretern der Europäischen Kommission und der Ständigen Ver- tretung der Bundesrepublik Deutsch- land bei der EU über die Frage, ob die EU künftig mehr Kompetenzen im Gesundheitsbereich benötigt oder ob das bestehende Instrumentarium der EU-Verträge den Anforderungen genügt. Die Moderation übernahm Arno Metzler, langjähriger Vorsitzen- der der Gruppe Vielfalt im Euro- päischen Wirtschafts- und Sozial- ausschuss (EWSA). UND WAS IST RECHTLICH MÖGLICH? In seinem Fazit warb Dr. Michael Frank, Präsident der Europäischen Regionalorganisation (ERO) des Welt- zahnärzteverbands FDI und Präsident BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel: „Die EU hat sich in den vergangenen Jahren über andere Einfallstore wie etwa die Binnenmarktgesetz- gebung oder die Rechtsprechung des Euro- päischen Gerichtshofs zu einem gesundheits- politischen Akteur entwickelt.“ Dr. Stefan Schreck, Generaldirektion Gesund- heit Europäische Kommission, sprach sich für regelmäßigen Austausch von Informationen aus. Im Rahmen von Best-Practice-Modellen könnten die EU-Mitgliedstaaten voneinander lernen. Ortwin Schulte, Referatsleiter Gesundheit, Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der EU, betonte, die Bundes- regierung unterstütze den Netzwerkgedanken, etwa bei der Zusammenarbeit der großen Gesundheitsagenturen. Das sei ein Schritt in die richtige Richtung. Andreas Glück, MdEP (FDP), Mitglied im Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, erklärte: „Wir brauchen nicht mehr Europa, sondern ein stärkeres Europa an den richtigen Stellen.“ Für Dr. Patrick Stockebrandt, Fachbereichs- leiter Verbraucher & Gesundheit cep Centrum für Europäische Politik, sind zwei Fragen zu klären: 1. Welche gesundheitspolitischen Bereiche sollten geregelt werden? 2. Ist das aufgrund der bestehenden EU-Verträge möglich? 46 | POLITIK

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