Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

zm 111, Nr. 10, 16.5.2021, (922) Auch wenn bei einer Überlastung das Implantat nicht zwangsläufig bricht, gibt es im Alltag mechanische Probleme: So kann es schon bei relativ niedrigen Lasten zu einer plastischen Deformation der Implantatschulter kommen. Die Freiburger Gruppe um Prof. Dr. Katja Nelson widmet sich seit Jahren intensiv diesem Thema. Sie beschreibt die Problematik man- cher Implantat-Abutment-Verbindung im Hinblick auf die Verformung der Außenwand und – als klinische Kon- sequenz – auch (im Hinblick auf) den potenziellen Verlust des periimplan- tären Knochens [Angermair et al., 2020]. All diese Untersuchungen beschäfti- gen sich mit Titanimplantaten, hier scheinen das Thema mechanische Belastung und die damit verbunde- nen klinischen Probleme eher gering zu sein. Allerdings wird dies deutlich kritischer, wenn wir über (zweiteilige) keramische Implantate sprechen. Da es derzeit zu wenig klinische Daten über zweiteilige Zirkonoxidimplan- tate gibt, lässt sich das Risiko wahr- scheinlich am besten durch In-vitro- Untersuchungen abschätzen. Hier zeigen sich manche Implantate als wesentlich weniger stabil, als von vie- len Klinikern bislang angenommen [Zhang et al., 2020]. Klinische Fallberichte über frakturierte keramische Implantate scheinen hier einen gewissen Bedarf an Daten an- zumelden [Osman et al., 2013]. Zwar werden alle Implantate im Rahmen der Zulassung nach der ISO-Norm 14801–07 „Ermüdungsprüfung von Dentalimplantaten“ getestet. Hier wird das Implantat in einem standar- disierten Versuchsaufbau belastet. Wirklich realitätsnah ist dieser Norm- versuchsaufbau allerdings nicht, da er keine mehraxialen Belastungen zulässt. Dieses Defizit wollen die Wissen- schaftler der Arbeitsgruppe von Prof. Dr.-Ing. Stefan Bracke von der Bergischen Universität Wuppertal (Fakultät für Maschinenbau und Sicherheitstechnik) nun mit der Ent- wicklung eines neuen, realitätsnahe Belastungen simulierenden Prüf- stands beseitigen. Ziel ist die sichere Bewertung der Langzeitstabilität von Implantaten und die Reduzierung der Testzeit mittels Zeitraffererprobung. Das Projekt ist auf zwei Jahre angelegt und wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert. Gelingt das Vorhaben, wer- den Hersteller ihre neuen Implantate bereits in der Entwicklungsphase bes- ser auf Belastbarkeit testen können. Und wir dürfen uns in Zukunft über eine bessere Datenlage bei der Abschätzung der mechanischen Grenzen unserer Implantate freuen. Denn jedes frakturierte Implantat ist natürlich eines zuviel. Quelle: Florian Beuer Abb. 2: Horizontale Fraktur zweier Titan- implantate nach unbekannter klinischer Tragedauer UNIV.-PROF. DR. FLORIAN BEUER, MME Abteilung für Zahnärztliche Prothetik, Funktionslehre und Alterszahnmedizin, Centrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Charité – Universitäts- medizin Berlin Aßmannshauser Str. 4–6, 14197 Berlin Foto: privat 52 | ZAHNMEDIZIN

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