Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

die Erstellung des Gutachtens. Daher sollte er zu Beginn prüfen, ob seine eigene Sachkunde in Hinblick auf die Beweisfragen ausreicht. Kann man in bestimmten Bereichen nichts sagen, sollte man das dem Gericht vorher auch mitteilen. Wenn Befangenheits- gründe vorliegen, müssen die Richter davon erfahren, betont Frahm. Hat der Gutachter Zweifel am Inhalt oder am Umfang des Auftrags, müsse er das Gericht davon in Kenntnis setzen, etwa wenn Behandlungsunterlagen fehlen sollten oder die Fragestellung keinen Sinn ergibt. DAS GERICHT MUSS WISSEN, WAS MAN NICHT WEIß Das Gericht sollte auch erfahren, ob Sachverhaltslücken bestehen oder ob die Ausweitung des Auftrags er- forderlich ist. Wichtig ist: Als Sach- verständiger darf man – abgesehen von der körperlichen Untersuchung des Patienten – keine Kontakte zu einer der am Verfahren beteiligten Parteien aufnehmen, ansonsten be- steht der Verdacht der Befangenheit. „Jeder Sachverständige ist zur Ver- schwiegenheit verpflichtet und muss bei Bedarf zu einer – mündlichen oder schriftlichen – Ergänzung des Gutachtens bereitstehen“, unter- streicht Frahm. Aus persönlichen oder sachlichen Gründen darf ein Sachverständiger auch die Begutachtung ablehnen. Befangenheit ist beispielsweise ein möglicher Grund dafür, Arbeitsüber- lastung allerdings regelmäßig nicht. In diesem Fall sollte man laut Frahm bei Gericht eine Fristverlängerung von drei auf sechs Monate beantragen. Der Sachverständige rechnet seine Tätigkeit als Gutachter selbst ab. Seine Vergütung muss er innerhalb von drei Monaten geltend machen. Medizinische Gutachten werden nach den Honorargruppen M1 bis M3 mit unterschiedlichen Stunden- sätzen vergütet. Da es sich bei Gut- achten in der Zahnmedizin um einen hohen Schwierigkeitsgrad handelt, erhält ein zahnärztlicher Sachver- ständiger laut Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) M3. Das entspricht einem Stundensatz von 120 Euro. Haftet der Gutachter auch? Nur in Ausnahmefällen – zum Beispiel wenn das Gutachten vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch erstellt wurde und die gerichtliche Entscheidung dann auf den Ausagen beruht, führt Frahm aus. Dennoch müsse man sich als Gutachter darüber keine Sorgen machen, denn es gebe so gut wie keine Haftungsfälle. DIE BEURTEILUNG IST DER KERN Was aber gehört eigentlich in ein Gut- achten? „Neben der vorangestellten kurzen Zusammenfassung des Inhalts und einer kurzen Wiedergabe des Sachverhalts, vor allem die sachver- ständige Beurteilung“, erklärt Frahm. „Sie ist der Kern des Gutachtens. Hier geht der Sachverständige auf Behand- lungsfehler, mögliche Aufklärungs- fehler und den Ursachenzusammen- hang zwischen Fehler und beklagtem Gesundheitszustand ein.“ Im An- schluss folge dann die zusammen- fassende Stellungnahme, die ein Richter gerne zu Beginn liest, wie Frahm aus eigener Erfahrung weiß. Den Abschluss bilden das Literatur- verzeichnis und die Unterschrift. Ein Gutachten muss übrigens stets persönlich vom Sachverständigen er- stellt werden, betont Frahm. Andere Personen dürfen daran nur mitarbei- ten, wenn sie namentlich benannt werden und dies das Gericht gestattet hat. ak Der Begriff „Sachverständiger“ wird meist von Behörden verwendet, geläufi- ger ist die Bezeichnung „Gutachter“. Jede Zahnärztin und jeder Zahnarzt hat die Pflicht zur Gutachtenerstellung, wenn sie oder er von einem Gericht be- auftragt wird. WOLFGANG FRAHM Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht (OLG) Schleswig Foto: privat zm 111, Nr. 10, 16.5.2021, (935) Agil, schnittfreudig und hungrig. Proc odile. © 03/2020 · 10005748v.001 GESELLSCHAFT | 65

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