Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

zm 111, Nr. 10, 16.5.2021, (936) PRAXISBASIERTE STUDIE ZU POSTENDODONTISCHEN STIFTVERSORGUNGEN Welche Risikofaktoren den Langzeiterfolg beeinflussen Richard Johannes Wierichs, Hendrik Meyer-Lückel, Michael Naumann, Thomas Gerhard Wolf Studien zum Langzeiterfolg postendodontischer Stiftversorgungen mit Nachbeobachtungszeiten von mehr als fünf Jahren sind rar. Die wenigen verfügbaren Daten wurden zudem unter universitären Settings erhoben. Die hier vorgestellte Beobachtungsstudie hat erstmals die Effektivität von Stiftinsertionen in endodontisch behandelten Zähnen unter Alltagsbedingungen in Zahnarztpraxen mit Nachbeobachtungszeiten von bis zu 15 Jahren untersucht. W enn im klinischen Alltag ein Zahnerhalt durch eine endodontische Behandlung und Stiftinsertion indiziert ist, kön- nen verschiedene Stift- [Guldener et al., 2017; Santos et al., 2010] und Res- taurationsmaterialien [Aquilino und Caplan, 2002; Mannocci et al., 2002] gewählt werden. Dabei hängt die Be- handlungsstrategie im Rahmen des sogenannten partizipativen Therapie- entscheids von den Präferenzen des Zahnarztes und den Wünschen und Vorstellungen des Patienten sowie dessen Investitionsbereitschaft für die zahnmedizinische Versorgung ab [Naumann et al., 2016; Schwendicke et al., 2020]. Auf rein fachlicher Ebene ist die klinische Ausgangssituation – dabei insbesondere der Grad des koronalen Substanzverlusts, also die Defektaus- dehnung – der bestimmende Faktor [Ferrari et al., 2007b]. Dazu kommen Variablen wie der Zahntyp [Ferrari et al., 2007a], die Zahnposition und -funktion im Zahnbogen [Martino et al., 2020; Naumann et al., 2005a, 2005b] sowie die Möglichkeit, den Fassreifeneffekt (ferrule effect) sicher- zustellen [Juloski et al., 2012; Nau- mann et al., 2018]. Letzterer hat ganz wesentlichen Einfluss auf den Langzeiterfolg von endodontisch be- handelten Zähnen mit und ohne Aufbaustift. Obwohl mehrere Studien zum Thema der postendodontischen Versorgung Nachbeobachtungszeiten von drei Jah- ren [Kramer et al., 2019; Mannocci et al., 2001] bis zu fünf Jahren [Ferrari et al., 2012; Naumann et al., 2008; Schmitter et al., 2011] präsentieren, liegen bisher leider nur wenige Stu- dien mit Nachbeobachtungszeiten von mehr als fünf Jahren vor [Ferrari et al., 2007a; Naumann et al., 2012; Naumann et al., 2017]. Risikomuster verändern sich allerdings im Laufe der Zeit und einige Risikofaktoren werden erst nach längeren Nach- beobachtungszeiträumen im Bereich von acht Jahren und mehr sichtbar [Opdam et al., 2010]. Dies zeigt sich auch anhand der jährlichen Versagens- raten (AFRs), die nicht überraschen- derweise mit der Nachbeobachtungs- zeit korrelieren [Schwendicke et al., 2018]: je länger die Nachbeobach- tungszeit desto höher die jährliche Versagensrate. Folglich ist es für den Therapieerfolg über fünf Jahre hinaus wichtig, die Faktoren zu analysieren, die den Langzeiterfolg von endo- dontisch behandelten Zähnen mit Stiftversorgung ganz wesentlich be- einflussen. Entsprechende Studien fanden in der Regel in einem universitären Setting statt. Obwohl diese Studien die Wirksamkeit unter klinischen Be- dingungen zeigen beziehungsweise widerlegen können, fehlen jedoch Daten über die Effektivität von Stift- insertionen in endodontisch behan- delten Zähnen unter Alltagsbedin- gungen in Zahnarztpraxen im Rah- men praxisnaher, prospektiver Stu- dien mit langen Nachbeobachtungs- zeiten von zehn Jahren und mehr [Mjor, 2007]. Das Ziel unserer kürzlich veröffent- lichten Beobachtungsstudie war es daher, die Langlebigkeit von endo- dontisch behandelten Zähnen mit Stiftversorgung in Zahnarztpraxen und Einflussfaktoren nach einer Be- obachtungszeit von bis zu 15 Jahren zu bewerten. STUDIENAUFBAU Wir führten eine prospektive, multi- zentrische, praxisbasierte Kohorten- PD DR. RICHARD J. WIERICHS, MHBA Klinik für Zahnerhaltung, Präventiv- und Kinderzahnmedizin, Zahnmedizinische Kliniken der Universität Bern Freiburgstr. 7, CH-3010 Bern richard.wierichs@zmk.unibe.ch Foto: privat ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion ange- fordert werden. 66 | ZAHNMEDIZIN

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