Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

zm 111, Nr. 10, 16.5.2021, (946) ständigen) zahnärztlichen Partner Laborbetreiber werden. EIN ANGESTELLTER IST KEIN AUFTRAGGEBER Ein in der Praxis angestellter Zahn- arzt steht in keinem Rechtsverhältnis zu dem im Praxislabor beschäftigten Zahntechniker, so dass dessen Ein- griffsmöglichkeiten zwar faktisch ge- geben sein mögen, rechtlich jedoch ins Leere laufen (Nicht der Angestellte ist Auftraggeber der Laborarbeit, son- dern der Praxisinhaber.). Damit wird ein wesentliches Kriterium der Privi- legierung des Praxislabors, nämlich der Anleitung und Überwachung der Labortätigkeit, durch den beauftra- genden Zahnarzt nicht erfüllt. Es bleibt der Kapitalgesellschaft schließ- lich unbenommen, ein gewerbliches Labor, das der Handwerksordnung (HwO) und damit Meisterpflicht unterliegt, zu betreiben. Auch die vertragszahnärztlichen Vor- gaben (§ 88 Abs. 3 SGB V) beziehen sich auf den einzelnen zugelassenen Vertragszahnarzt und nicht ein Un- ternehmen, das zahnärztliche Leis- tungen (ausschließlich) durch ange- stellte Zahnärzte erbringt. Die Sicht- weise, jedes Labor stelle schließlich Zahnersatz für den Zahnarzt her, differenziert nicht zwischen der Her- stellung durch den Zahnarzt (Praxis- labor) und der Anfertigung für den Zahnarzt (gewerbliches Labor). Gren- zen der Zusammenarbeit zwischen der zahnärztlichen Praxis und dem gewerblichen Labor-Betrieb beschreibt § 2 Abs. 7, 8 MBO-Z. Dabei ist un- zulässig, die Grundsätze des Zuwei- sungsverbots auch auf das Praxislabor oder auf die Praxislabor-Gemeinschaft zu übertragen. Das an die Praxis an- gegliederte Labor ist kein Dritter im Sinne dieser Regelungen. Im Übrigen gilt: Die Anfertigung zahntechnischer Arbeiten im praxis- eigenen Labor ist kein Handwerk im Sinne der HwO. Eher stellt sich die Frage, ob die Produktion zahntech- nischer Werkstücke überhaupt noch Leistungen beschreibt, die ausschließ- lich dem Zahntechniker-Handwerk zugeordnet werden können. Im Hin- blick auf digitalisierte, technische Fertigungsprozesse erscheint doch fraglich, ob diese Leistungen noch wesentlich zum Handwerk zählen. Auch das Argument, die Gefahr- geneigtheit verlange eine Zuordnung aller zahntechnischen Leistungen zum Handwerk, ist vor diesem Hintergrund kritisch zu sehen. Nach der Rechtsprechung des Bun- desverwaltungsgerichts (BVerwG) zählen Tätigkeiten nicht zum Kern- bereich des Handwerks, „die ohne Beherrschung in handwerklicher Schulung erworbener Kenntnisse ein- wandfrei und gefahrlos ausgeführt werden können.“ Das trifft für das Praxislabor zu. ZAHNTECHNIK GEHÖRT ZUM BERUFSBILD Würde man einer „Berufsbild-Theorie“ folgen, die alleine auf Ausbildung und Prüfung abstellt, müsste kritisch hinterfragt werden, ob denn Zahn- techniker im Rahmen ihrer Berufs- ausbildung ausreichend in digitalen Fertigungsprozessen unterrichtet wer- den, um nach der Meisterprüfung einen selbstständigen Gewerbebetrieb eröffnen zu dürfen. Die aktuelle Aus- bildungsverordnung für Zahntechniker ist mehr als 20 Jahre alt. Der Ausbil- dungsrahmenplan stammt von 1997. Alle Zweige der Rechtsprechung, vom Bundesverwaltungsgericht bis zum Bundesgerichtshof, von den Finanz- gerichten bis zu den Sozialgerichten haben in den vergangenen Jahrzehn- ten nie einen Zweifel daran gelassen, dass der Betrieb eines Praxislabors durch Zahnärzte zulässig ist. Erst im März dieses Jahres hat das Land- gericht Darmstadt (Entscheidung vom 15. März 2021, Az.: 18 O 33/20) in einer wettbewerbsrechtlichen Aus- einandersetzung zwischen der Firma Dentsply Sirona und der Wettbewerbs- zentrale darauf hingewiesen, dass der Betrieb eines Eigenlabors inklusive der Abrechnung einer Gewinnmarge für Arbeiten auch nicht unlauter ist. Schließlich trage der Zahnarzt in diesem Fall auch das wirtschaftliche Risiko für sein Labor (siehe auch zm 8/2021). Bleibt noch der Hinweis darauf, dass jede (gesetzliche) Einschränkung der zahnärztlichen Berufsausübung letzt- lich an Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz zu messen wäre. Insoweit sind keine Gründe des Gemeinwohls erkennbar, die Einschränkungen in Bezug auf die Führung eines Praxislabors erkennen ließen. Selbst wenn man die Argumentation einiger Kritiker akzeptieren wollte, wonach die künftige Ausbildung von Zahnmedizinern keinen ausreichen- den Schwerpunkt mehr im Bereich der Prothetik setze, wäre darauf hin- zuweisen, dass Fortbildungen und Berufserfahrung wichtige Indizien dafür sein können, die nötigen Kompetenzen für die Führung eines Praxislabors zu vertiefen. LEBENSLANGES LERNEN UND BERUFSERFAHRUNG ZÄHLEN Zahnärzte aus anderen EU-Ländern, die den nach dem Zahnheilkunde- gesetz (ZHG) geforderten zeitlichen Umfang der Ausbildung nicht nach- weisen, erhalten die Approbation, wenn sie ihre Ausbildungsdefizite durch lebenslanges Lernen und entsprechende Berufserfahrung aus- gleichen. \ PROF. DR. MED. DENT. REINHARD HICKEL Dekan der Medizinischen Fakultät Ludwig-Maximilians-Universität München Foto: privat 76 | PRAXIS

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=