Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14

zm 111, Nr. 14, 16.7.2021, (1376) ZUKUNFTSAGENDA DER ROBERT BOSCH STIFTUNG Das System von unten erneuern Eine radikale Neuausrichtung des Gesundheitswesens auf Prävention und soziale Gesundheit fordert die Robert Bosch Stiftung in ihrer Zukunftsagenda. Nur wenn Gesundheits- förderung und Prävention den gleichen Stellenwert erhalten wie die Behandlung, dann gelinge ein Paradigmenwechsel von einem „Krankheitssystem“ zu einem echten Gesundheits- system. Im Mittelpunkt stehen für sie dabei die Öffentliche Gesundheit, mehr regionale Versorgung und mehr Patienten- orientierung. M it ihrer Initiative „Neustart! Zukunftsagenda für Gesund- heit, Partizipation und Ge- meinwohl“ will die Robert Bosch Stiftung Pflöcke für eine Neuaus- richtung des Gesundheitswesens einschlagen. Ihrer Auffassung nach hat die Pandemie zwar die Schwach- stellen im deutschen Gesundheits- sytem aufgezeigt, massiven Reform- bedarf habe es aber schon vorher gegeben. Erarbeitet wurde die Agenda in den vergangenen drei Jahren – auf der Basis von Veranstaltungen mit fast 700 zufällig ausgewählten Bürgern aus ganz Deutschland und rund 40 gewählten Experten aus den Bereichen Gesundheit und Soziales. Am 18. Juni wurde die Agenda in Berlin dann öffentlich vorgestellt. Adressat ist die Politik – auch im Hinblick auf künf- tige Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl. EINE KASSE FÜR ALLE Das Ziel der Initiative: Eine radikale Neuausrichtung des Gesundheits- wesens. Hierzu hat das Autorenteam sieben Forderungen aufgestellt: 1. Das Deutsche Gesundheitswesen braucht einen Paradigmenwechsel – weg von der Orientierung auf die Behandlung und hin zur Gesund- erhaltung der Menschen. 2. Gefordert wird ein solidarisches und gemeinwohlorientiertes Gesundheits- system. Dazu gehört für die Autoren auch eine „ernsthafte Debatte über die Einführung einer allgemeinen Krankenversicherung für alle“. 3. Die Neuausrichtung des Gesund- heitswesens muss bei den Menschen ansetzen. Primärversorgungszentren, die regional gut eingebunden sind, könnten dies leisten. So sollen Regio- nen Verantwortung übernehmen und die öffentliche Gesundheit stärken. 4. Gefordert werden Rahmenbedin- gungen, um die Partizipation der Bür- ger zu stärken. Dazu gehören Koope- rationen in der Nachbarschaft, das informelle Engagement vor Ort, die Gestaltung der regionalen Gesund- heitsversorgung und die Beratung von Entscheidungsträgern. 5. Investitionen in die Gesundheits- kompetenz der Bevölkerung sowie in STATEMENT PROF. BENZ VAGE UND GRÜN Ein Panel von elf Gesundheits-, Sozial-, Management- und Ökonomiewissenschaftler:innen legt ein Papier vor, das ans grüne Programm für die Bundestagswahl erinnert: Gesundheit fördern statt Krankheiten heilen, eine Krankenversicherung für alle, regionale Primärversorgungszentren, Gesundheitskompetenz auf Augenhöhe stärken – und natürlich darf auch die Wunderwaffe unserer Zeit, die Digitalisierung, nicht fehlen. Expert:innen der letzten Meile (kurativ tätige Ärzt:innen oder gar Zahnärzt:innen) wollte man nicht einbinden. Gerade wir Zahnärztinnen und Zahn- ärzte hätten erklären können, wie Gesundheitsförderung jenseits von Blütenträumen praktisch funktioniert. In gerade mal 30 Jahren haben wir die deutsche Mundgesundheit aus der Kreisklasse an die Weltspitze geführt und dabei keine gesellschaftliche Gruppe vergessen. Vermutlich wäre das aber für die Robert Bosch Stiftung viel zu pragmatisch gewesen, so bleibt man doch lieber im Vagen und im Grünen. Prof. Dr. Christoph Benz, Präsident der Bundeszahnärztekammer Foto: axentis.de Foto: AdobeStock_Foto-Ruhrgebiet 78 | GESELLSCHAFT

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