Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15-16

zm 111, Nr. 15-16, 16.8.2021, (1418) ZM-SERIE „KARRIEREN IM AUSLAND“ – ZUM AUFTAKT DER NEUEN REIHE Deutschsprachige Zahnärzte und ihre Erfolge in der Emigration Dominik Groß Zahlreiche deutschsprachige Zahnärzte des vergangenen Jahrhunderts haben sich als Wissenschaftler im Ausland einen Namen gemacht. Sie wanderten früh aus und wurden in anderen Teilen der Erde weltberühmt. Ihnen ist eine neue zwölfteilige zm-Reihe gewidmet. Diese beleuchtet deren deutsche Wurzeln und deren Karrieren im Ausland – mit großer wissenschaftlicher Reichweite als Zahnmediziner, aber auch in anderen Fachbereichen. W er sich mit den führenden deutschsprachigen Zahnärzten des vergangenen Jahrhunderts befasst, stößt zumeist auf Namen wie Otto alkhoff (1860–1934), Hermann Euler (1878–1961) oder Ewald Harndt (1901–1996). Sie prägten die Zahn- heilkunde hierzulande in besonderem Maß und hatten – so jedenfalls die gängige Annahme – auch im globalen Maßstab große Bedeutung. Bei näherer Betrachtung stellt man jedoch fest, dass diese Hochschullehrer kaum international publizierten und ihre Karrieren sehr stark auf den deutschen Sprachraum ausrichteten. Dem- entsprechend blieb ihre wissenschaftliche Reichweite faktisch begrenzt – sie waren, überspitzt ausgedrückt, vor allem in Deutschland „weltberühmt“. Global betrachtet setzten andere Fachvertreter Maß- stäbe – darunter auch Deutsche und Österreicher, deren Namen man hierzulande kaum kennt, weil sie frühzeitig auswanderten, später in englischer Sprache publizierten und so stark international wirkten. Sie wurden in der Folgezeit nicht (mehr) als Fachvertreter des deutschen Sprachraums wahrgenommen, sondern dem jeweiligen Emigrationsland zugeordnet. AUSWANDERUNG IN DREI ZEITRÄUMEN Zwölf dieser Personen stehen im Mittelpunkt der neuen zm-Reihe. Vorgestellt werden Zahnärzte, die im deutschsprachigen Raum geboren und dort zumeist auch ausgebildet wurden, den maßgeblichen Teil ihrer Karriere aber im Ausland machten – überwiegend in der Zahnheilkunde, teilweise aber auch auf anderem Gebiet. Dabei lassen sich im Wesentlichen drei Auswanderungs- zeiträume unterscheiden: erstens die Zeitphase von der Jahrhundertwende bis zum Ende der Weimarer Republik, in der individuelle Jobangebote in Übersee und später- hin die zunehmend prekäre wirtschaftliche Lage in Zentraleuropa Anlass zur Emigration gaben, zweitens die Zeit nach der Machtübernahme Hitlers (1933), in der vor allem vielversprechende jüdische Fachvertreter Deutschland verließen, und schließlich drittens der „Anschluss“ Österreichs als „Ostmark“ an Hitler- Deutschland (1938, „Großdeutsches Reich“), der vor allem begabte Wiener Juden zur Auswanderung zwang. ZWÖLF UNGEWÖHNLICHE KARRIEREN Zur ersten Gruppe gehört etwa der Rheinländer Hermann Becks (1897–1962), mit dem die Serie startet. Er wurde in Wesel als Sohn eines Architekten geboren, studierte in Rostock Zahnheilkunde und Medizin und trat 1926 eine Assistentenstelle an der Universität Freiburg an. Er emigrierte jedoch bereits zwei Jahre später mit einen attraktiven Jobangebot in die USA, wo er an der University of California eine nahezu beispiellose Karriere machte. Becks zählt zu den Wegbereitern der Parodontologie und der Oralbiologie; zudem gründete er das noch heute existente „American Institute of Oral Biology“. Zur Gruppe der deutschen Juden, die nach 1933 aus- wanderten, zählt Gertrud Harth (1904–1962) – die einzige Frau in dieser Reihe. Sie war eine Schülerin von Alfred Kantorowicz (1880–1962) und wurde 1933 PROF. DR. DR. DR. DOMINIK GROß Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin der RWTH Aachen Klinisches Ethik-Komitee des Universitätsklinikums Aachen MTI 2, Wendlingweg 2, 52074 Aachen dgross@ukaachen.de Foto: privat 16 | GESELLSCHAFT

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