Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15-16

zm 111, Nr. 15-16, 16.8.2021, (1422) Beispiel Baume/Becks, 1952; Baume/ Becks/Evans, 1954]. Baume widmete Becks posthum einen Nachruf, in dem er ihn als „pioneer of oral bio- logy” würdigte [Baume, 1974]. FÜR EINE GASTPROFESSUR GEHT ER 1959 NACH BONN 1959 erhielt Becks ein sechsmonatiges Fulbright-Stipendium, das er für eine Tätigkeit als Gastprofessor an der Universität Bonn bei dem interna- tional bekannten Kieferorthopäden Gustav Korkhaus (1895–1978) [Groß, 2018; Groß/Wilhelmy, 2021] nutzte. Hier hielt er Vorlesungen über Pro- bleme der Mundphysiologie und der „stomatologischen Endokrinologie“ [Kremer/Büchs, 1967]; außerdem nutzte er den Forschungsaufenthalt zum Besuch weiterer Universitäten des deutschsprachigen Raums. Becks zeigte sich wissenschaftlich sehr breit interessiert. Seine Arbeits- gebiete waren neben den erwähnten hormonellen und ernährungs- bedingten Einflüssen auf Knochen und Zähne der Speichelfluss und der Mineralgehalt des Speichels, sys- temische und lokale Faktoren von Karies und Parodontalerkrankun- gen, kariesprotektive Maßnahmen, die Ätiologie der Wurzelresorption und Beziehungen zwischen Mund- krankheiten und systemischen Stö- rungen. Er galt als sehr versierter Grundlagenforscher. Gerade seine tierexperimentellen Studien zur skelettalen Entwicklung der Ratte und seine frühen Studien mit radio- aktiven Isotopen fanden große Aufmerksamkeit. Becks war insgesamt sehr publika- tionsstark. Er war von den 1930er- Jahren bis zu seinem Tod in den führenden internationalen Fach- zeitschriften seiner Zeit vertreten, besonders regelmäßig publizierte er im „Journal of Dental Research“, im „Journal of the American Dental Association“ (JADA), im „American Journal of Orthodontics (and Oral Surgery)“ und in „Oral Surgery, Oral Medicine, Oral Pathology“ [zum Beispiel Becks, 1929, 1939; Becks/ Collins, 1946; Becks/Wainwright, 1939; Becks et al., 1944, 1946, 1948). Bereits zu Lebzeiten erlangte er große fachliche Anerkennung und zog Schüler aus der ganzen Welt an („he created at the School of Dentistry an unmatched center of research and postgraduate teaching to which he attracted innumerable scholars from all over the world“) [Evans/Meyer, 1965]. Becks war nicht nur ein Weg- bereiter der Parodontologie und der Gründer des „American Institute of Oral Biology“, sondern fungierte seit 1955 auch als Juror des neu gegründeten Jaccard-Preises für die beste Arbeit auf dem Gebiet der Parodontologie. 1958 erhielt er den Fauchard Gold Medal Award der „Pierre Fauchard Academy“, 1959 das bereits erwähnte Fulbright- Stipendium. Privat galt Becks als warmherzig, lie- benswürdig und lebensfroh [Baume, 1974]. Seit 1930 war er mit der ge- bürtigen Chemnitzerin Elsbeth Ruth Schmitt verheiratet, die ein Jahr nach der Hochzeit in New York City den gemeinsamen Sohn Carlton Hermann gebar. Vier Jahre später kam die Tochter Ingeborg Ruth Jean zur Welt. Becks galt als Familien- mensch, bezog aber in die familiären Treffen gezielt Mitarbeiter ein („He not only loved to have his family gather about him but also included in many of these affairs his staff members, research assistants, and graduate students“) [Evans/Meyer, 1965]. Er engagierte sich religiös in der „West Portal Lutheran Church“ in San Francisco, die er 1943 mit be- gründet hatte. Zudem war er ein lei- denschaftlicher Gärtner und Natur- liebhaber; vor allem die Hügel Kali- forniens hatten es ihm angetan – hier machte er ausgiebige Spazierfahrten [Evans/Meyer, 1965]. Becks verstarb 1962 an den Folgen eines Herzinfarkts in seinem Haus in San Francisco. Sein Tod kam plötzlich und unerwartet – er war zu diesem Zeitpunkt 64 Jahre alt und gerade mit dem Buchmanuskript „The Mouth and Jaws in Health and Disease“ befasst. Es sollte ein fachliches Ver- mächtnis sein, gelangte aber nicht mehr zur Veröffentlichung [Evans/ Meyer, 1965]. DURCH UND DURCH EIN AMERIKANER 1973 – elf Jahre nach seinem Tod – wurde Becks in die „Pierre Fauchard Academy“ aufgenommen. Das „Jour- nal of the American Dental Associa- tion“ würdigte ihn im selben Jahr als zahnärztlichen Wissenschaftler mit „herausragenden Beiträgen in der präventiven Zahnheilkunde und der oralen Biologie “ [JADA, 1973]. Zudem wurde er 1973 posthum durch eine „Memorial Lecture“ der „Pierre Fauchard Academy“ geehrt. In besagter Vortragsreihe wurden aus- schließlich historisch herausragende Forscher der Zahnheilkunde präsen- tiert. Damit stand Becks in einer Traditionslinie mit „classic leaders as Pierre Fauchard, Green Vardiman Black, J. E. Fogarty, and John Ross Callahan“, die vor ihm mit der gleichen Gedächtnisvorlesung ge- würdigt worden waren [Baume, 1974]. Spätestens zu diesem Zeit- punkt hatte Becks einen festen Platz in den Annalen des Faches Zahn- heilkunde erlangt. Becks spielte Zeitzeugen zufolge nie mit dem Gedanken, in die erste Heimat zurückzukehren. Er reiste in späteren Jahren zwar sporadisch nach Deutschland, empfand sich aber durch und durch als Amerikaner, wie sein langjähriger Weggefährte Louis Baume betonte: „He became so convinced an American citizen that he never longed to go back to his old country“ [Baume, 1974]. \ PROF. DR. DR. DR. DOMINIK GROß Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin der RWTH Aachen Klinisches Ethik-Komitee des Universitätsklinikums Aachen MTI 2, Wendlingweg 2, 52074 Aachen dgross@ukaachen.de Foto: privat 20 | GESELLSCHAFT

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