Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15-16

zm 111, Nr. 15-16, 16.8.2021, (1446) FLUTKATASTROPHE Der Schock sitzt tief Auch einen Monat nach dem Hochwasser herrscht in Teilen Nordrhein-Westfalens und Rheinland-Pfalz alles andere als Normalität: Betroffene Zahnarztpraxen beklagen Schäden in bis zu sechsstelliger Höhe, leiden unter Verdienstausfällen oder teilen sich mit Geschädigten die Praxisräume. Zahnarzt Werner Jung plagt zudem die Gewissheit, womöglich nur knapp mit dem Leben davongekommen zu sein. A uch wenn die Aufräumarbei- ten in Ahrtal schnell voran- schreiten, zeigen sich tiefe Narben im Stadtbild: Brachflächen, wo eingestürzte oder instabile Häuser abgerissen werden mussten, demo- lierte Infrastruktur – und stillgelegte Zahnarztpraxen. Manche mussten nur vorübergehend geschlossen blei- ben, andere erlitten kapitale Schäden oder wurden komplett verwüstet, wie die Praxis von Zahnarzt Werner Jung. Der 67-Jährige wird sie nicht wieder- eröffnen – und die Geschehnisse der Nacht vom 14. auf den 15. Juli wohl kaum vergessen können. Als Jung am 14. Juli nachmittags die rund einen Meter hohe Schutzwand des Praxisgebäudes an einem Durch- gang schließt, sieht es noch nach ei- nem starken, aber nicht desaströsen Hochwasser aus. „Hochwasser mit ei- nem Ahr-Pegel von 3,70 oder 3,80 Meter hatten wir schon”, erzählt er. Darum besitzt das Haus, das knapp 3,50 Meter dem Ahr-Niveau liegt, vier Pumpen im Keller und er eine Elementarschadenversicherung, die in einem solchen Fall den Neuwert seiner Praxiseinrichtung absichert. JEEPS UND BÄUME SCHIEßEN DURCH DIE STRAßEN Während er am frühen Abend die Datensicherung vornimmt, wird Jung dann plötzlich von dem sprunghaft steigenden Pegel der Ahr überrascht. „Das ging alles rasend schnell”, erin- nert er sich. Auf der Straße entwi- ckelt sich aus knöcheltiefem Wasser ein reißender Strom, der innerhalb von einer Stunde alle Geschäfte und Wohnungen im Erdgeschoss seiner Straße überschwemmt und ihm da- mit den Fluchtweg aus dem ersten Obergeschoss des Gebäudes ver- sperrt. Als das Wasser am nächsten Tag abgelaufen ist und Zahnarzt Werner Jung erstmals seine Praxis wieder betritt, kann er es kaum fassen: In einem Behandlungszimmer ist der Estrich gerissen und hochgeschwemmt, alle elektrischen Geräte sind unbrauchbar – und die komplette Praxis zentime- terhoch mit kontaminiertem Schlamm bedeckt. Alle Fotos: privat 44 | PRAXIS

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